Unternehmen, die erfolgreich am Markt bestehen wollen, müssen branchenunabhängig ihre Kunden von sich und ihren Produkten überzeugen und zufrieden stellen. Aus Marketingsicht sollten die Vorteile des Unternehmens und seiner Produkte und Dienstleistungen auch entsprechend herausgestellt werden. Wie weit darf man aber in der Werbung gehen? Sind Werbeslogans wie „Das weltbeste Möbelhaus in Berlin“ oder „Die angesagteste Fitnessmarke seit …“ zulässig oder droht hier schon die Abmahnung?
von Rechtsanwältin und externer Datenschutzbeauftragten
Anna Rehfeldt, LL.M.
Hintergrund
Wenn es um die Frage der zulässigen Werbung mit Superlativen geht, ist zunächst zu klären, was hierunter zu verstehen ist. Die Werbung mit Superlativen stellt im Regelfall die Werbung mit Allein- oder Spitzenstellungsbehauptungen dar.
Am Ende des Beitrages steht eine Liste mit Beispielen aus der Rechtsprechung gratis zum Download bereit.
Bei derartigen Werbeinhalten beansprucht das werbende Unternehmen für sich oder für sein Produkt eine Allein- oder eine Spitzenstellung, bezogen auf den jeweiligen Markt. Dies kommt wiederum durch die Verwendung von Superlativen zum Ausdruck, meist auch in Verbindung mit der Nutzung eines bestimmten Artikels.
Beispiel: „Das größte Unternehmen“ oder „Das günstigste Produkt“ oder „Der schnellste Lieferservice“ etc.
Bei der Allein- oder Spitzenstellungswerbung bezieht sich der Werbeinhalt meist darauf, dass man das einzige Unternehmen auf dem jeweiligen Markt sei oder dass man ein einzigartiges Produkt auf dem Markt anbiete, was auch in Verbindung mit einem Ortszusatz bereits als Alleinstellungswerbung eingestuft wurde.
Beispiel: „Der Spezialist für Kosmetikprodukte in Berlin“
Demgegenüber ist beim Voranstellen eines unbestimmten Artikels in der Regel von einer Spitzengruppenbehauptung auszugehen.
Beispiel: „Eines der größten Unternehmen“ oder „Eines der schnellsten Lieferdienste“ etc.
Wer als Unternehmen in der Werbung angibt, der Kunde bekomme sein Geld zurück, sollte die Werbeaussage unzutreffend sein, wirbt im Regelfall mit einer Spitzengruppenbehauptung (und nicht mit einer Alleinstellungsbehauptung). Denn in diesen Fällen bringt das Unternehmen bereits in der Werbung zum Ausdruck, dass es im Einzelfall an seiner Spitzenstellung zweifelt.
Beispiel: „Unser Preis ist immer der günstigste! Wenn nicht erhalten Sie Ihr Geld zurück!“
Werbung mit Allein- oder Spitzenstellungbehauptung: Wann ist was zulässig?
Ist man sich im Klaren darüber, was unter Allein- und Spitzenstellungwerbung zu verstehen ist, stellt sich die in der Praxis relevante Frage: Wann ist eine solche Werbung zulässig und mit was darf ich in diesen Fällen inhaltlich werben?
Wie so oft kommt es bei der Frage nach der Zulässigkeit einer Werbemaßnahme auf den jeweiligen Einzelfall an, insbesondere da die Werbemaßnahme im Gesamtkontext zu betrachten ist.
Am Ende des Beitrages steht eine Liste mit Beispielen aus der Rechtsprechung gratis zum Download bereit.
Als Leitformel kann man sich jedoch folgendes merken:
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Grundsätzlich ist die Werbung mit einer Allein- oder Spitzenstellungsbehauptung zulässig, wenn diese eine offensichtliche,
reklamehafte Übertreibung enthält und keine objektiv nachprüfbaren Angaben enthalten sind.
Beispiel: „Das weltbeste Fitnessfood“ oder „Der schnellste Service im Universum“.
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Ist in der Werbung demgegenüber eine objektiv nachprüfbare Angabe enthalten, muss diese Angabe auch den tatsächlichen Umständen
entsprechen, das heißt sie muss wahr sein, damit die Werbung zulässig ist.
Beispiel: „Der größte Fahrradhändler in Berlin“ oder „Der günstigste Anbieter in Berlin“
Ob die Angabe in dem Werbeslogan wahr ist oder nicht, bemisst sich danach, worauf die angesprochenen Verkehrskreise (= potenzielle Kunden) die jeweiligen Faktoren beziehen. Was heißt das?
Bei der Werbung mit bspw. „Der größte Fahrradhändler in Berlin“ muss in einem Rechtsstreit der Fahrradhändler darlegen und beweisen können, dass die Werbeaussage sowohl hinsichtlich der Kundenzahl, der Präsenz in Berlin, der Kundenfrequenz sowie ggf. des Umsatzes auch zutreffend ist.
Praxistipp: Da der Nachweis in der Praxis in diesem Umfang nicht möglich sein wird, insbesondere weil man nicht immer die Zahlen der Konkurrenz kennt, empfiehlt es sich die Werbung zu konkretisieren, bspw. „Die meisten Kunden in Berlin“ – vorausgesetzt man hat nachweislich auch die meisten Kunden in Berlin.
Darf ich in der Werbung jeden (noch so kleinen) Vorsprung gegenüber der Konkurrenz herausstellen?
Wer mit einer Allein- oder Spitzenstellung werben will, hat darauf zu achten, dass man einen deutlichen/ messbaren Vorsprung gegenüber der Konkurrenz für einen nicht unerheblichen Zeitraum auch inne hat. Das heißt der Vorsprung bspw. hinsichtlich der Kunden- oder Umsatzzahlen sollte einen nachweisbaren Vorsprung von ca. 10 % betragen und dies sollte auch von einer gewissen Stetigkeit sein.
Zwar gibt es bezüglich des Vorsprungs und der Dauer keine fixen Zahlen. Eine Spitzenstellung der Kundenzahl von nur einer Woche oder einem Monat im Vergleich zur Konkurrenz dürfte jedoch nicht ausreichen.
Praxistipp: Es empfiehlt sich in der Werbung den maßgeblichen Zeitraum aufzunehmen, z.B. "Das meist verkaufte Produkt in Berlin im Jahr 2020"
Wer einen nur geringfügigen Abstand zur Konkurrenz hat (z.B. Kundenvorsprung von unter 10%) kann unter Umständen trotzdem damit werben, wenn die einschlägigen Zahlen in der Werbung gut erkennbar dargestellt werden.
Bei der Werbung mit einer Spitzengruppenbehauptung gelten die vorgenannten Grundsätze entsprechend. Auch hier ist die Werbung zulässig, wenn sie eine reklamehafte und nicht nachprüfbare Übertreibung enthält oder wenn die Behauptung nachprüfbar wahr ist, wobei hier dann zusätzlich auch die Spitzengruppe existieren muss.
Beispiel: Gibt es auf dem relevanten Markt nur drei Mitbewerber, ist die Werbung mit "einer der beiden größten Anbieter" zu sein, unzulässig.
Im Übrigen muss auch die Spitzengruppen einen erheblichen Vorsprung von gewisser Beständigkeit haben.
Fazit
Die Werbung mit Superlativen bzw. die Werbung mit einer Allein- oder Spitzenstellung ist aus Marketingsicht äußerst einprägsam und verkaufsfördernd. Wer sich diese Vorteile zu Nutze machen will, sollte die rechtlichen Fallstricke in diesem Bereich kennen und vermeiden, sodass die Werbemaßnahme nicht in einer teuren Abmahnung oder einem teuren Rechtstreit endet. Insbesondere bei kostenintensiven Werbemaßnahmen sollte frühzeitig eine rechtskundige Prüfung der Werbeangaben und Slogans erfolgen, um das Abmahnrisiko sowie die Kosten für unnötige Prozesse zu verringern.
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Bei Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung.
Anna Rehfeldt, LL.M.
Rechtsanwältin und externe Datenschutzbeauftragte