Genießen Werbetexte Schutz nach dem Urheberrecht?

Unternehmen und Start Up’s präsentieren sich in der Werbung idealer Weise durch einprägsame und originelle Werbetexte und verkaufen ihre Produkte und Dienstleistungen durch besondere Werbe-Claims und Produktbeschreibungen. Die Erstellung von Werbetexten, inkl. der entsprechenden Vermarktung kosten in der Praxis aber Zeit, Geld und oftmals auch viele Nerven. Werbetexte genießen (anders als z.B. Logos) in der Praxis regelmäßig jedoch keinen Markenschutz. Können sich Unternehmen und Start Up’s dann aber zumindest auf das Urheberrecht berufen, um sich vor Nachahmungen zu schützen?

 

von Rechtsanwältin und externe Datenschutzbeauftragte

Anna Rehfeldt, LL.M.


Hintergrund

Werbetexte und Produktbeschreibungen können grundsätzlich Urheberrechtsschutz genießen. Das setzt jedoch voraus, dass die Texte und Beschreibungen als sogenanntes Sprachwerk nach § 2 UrhG eine gewisse geistige Schöpfungshöhe erreichen.

 

Praxistipp: An die Schöpfungshöhe werden in der Praxis keine sonderlich hohen Hürden gestellt. Vielmehr reicht hierfür im Regelfall eine bestimmte schöpferischen Eigenleistung aus. Wer sich als Unternehmen oder Start Up aber mal an einem Werbetext oder einer einprägsamen Produktbeschreibung versucht hat weiß, dass die Schöpfungshöhe nicht immer so leicht zu erreichen ist, wie es der erste Anschein erwarten lässt.

 

Als Faustformel kann man sich in diesem Zusammenhang merken, dass, je umfangreicher der Werbetext ist, desto eher ist von der Schöpfungshöhe auszugehen. Zudem erreichen frei erfundene Werbetexte eher die Schöpfungshöhe als reine Sachbeschreibungen (sofern letztere überhaupt eine Schöpfungshöhe erreichen).

 

Sachbeschreibungen und Gebrauchsanweisungen/ -texte fehlt regelmäßig die eigenschöpferische Leistung, da es sich hierbei oftmals um standardisierte Formulierungen handelt.

 

Ausnahmen können jedoch auch bei derartigen Sachbeschreibungen u.a. vorliegen (das heißt die Schöpfungshöhe kann zu bejahen sein), wenn beispielsweise die Anordnung, die Aufmachung, die Art der Auflistung etc. eine gewisse schöpferische Eigenart aufweisen. Dies ist jedoch stets vom Einzelfall abhängig.

 

Merke: Werbetexte sollten stets über die standardisierten Anpreisungen und Formulierungen hinausgehen, um die Schöpfungshöhe und somit in den Genuss von Urheberrechtsschutz zu kommen.

 

Werbetexte, die zwar unter Umständen ansprechend formuliert, gleichwohl aber keine sonstigen Unterscheidungen zu vergleichbaren Beschreibungen in diesem Bereich aufweisen, genießen mangels Schöpfungshöhe regelmäßig keinen Schutz nach dem Urheberrecht.

 

Zur Veranschaulichung folgender Fall vor dem Landgericht Frankenthal (Az. 6 O 102/20):

 

Was ist passiert?

Ein Unternehmen bietet unterschiedliche Dienstleistungen für Kraftfahrzeuge an. Das Unternehmen bewarb seine Leistungen untern anderem auch auf der Plattform eBay-Kleinanzeigen und bot diese hier entsprechend an. In der Anzeige hat das Unternehmen sich und seine Dienstleistungen genauer beschrieben, wobei das Unternehmen auch bestimmte Fahrzeugtypen in der Anzeige auflistete. Insgesamt umfasste der Text der Anzeige ca. 2600 Zeichen und lautete auszugsweise wie folgt:

 

Herzlich willkommen,

Wir bieten umfangreiche Kfz-Dienstleistungen für Fahrzeuge aus dem VAG-Konzern an.

Ein kleiner Auszug über uns: Seit 2002 sind wir in der Automobilindustrie tätig. Im Jahr 2013 entstand die Firma A. Seit jeher sind wir ein etablierter und kompetenter Partner für Privatkunden, freie Kfz-Werkstätten und Vertragswerkstätten im Umkreis von ca. 100 km von Ort. Arbeiten werden stets mit aktuellen Systemen durchgeführt. Wir haben ein offiziell eingetragenes Unternehmen und erfüllen hohe Qualitätsstandards, auch in Sachen Kundenzufriedenheit. Schenken sie uns daher durch unsere langjährigen Erfahrungen ihr Vertrauen. 

 

Sie haben bereits ein gut ausgestattetes Fahrzeug, doch der Spurhalteassistent fehlt? Ab Werk kostet dieser z.B. bei einem Passat B8 bereits 550€, eine Nachrüstlösung bietet der Vertragshändler leider nicht an. Kein Problem, wir können bei vorhandener Multifunktions- bzw. Vorfeldkamera den Spurhalteassistenten und noch weitere Fahr-Assistenten aktivieren. Ist der Spurhalteassistent aktiv so wird es ihnen im Kombiinstrument angezeigt. Bei erkannten Fahrbahnmarkierungen hält ihr Fahrzeug exakt die Fahrspur. Beim unachtsamen Verlassen der Fahrspur ohne zu blinken wird der Fahrer akustisch gewarnt. Das Fahrzeug lenkt dann automatisch wieder in die korrekte Spur. Sie selbst brauchen theoretisch nur mit einem Finger lenken, damit ihr Fahrzeug fast autonom fährt. Dieses Sicherheits- und Komfortextra wertet ihr Fahrzeug enorm auf, dies sollten sie sich nicht entgehen lassen. 

 

Sie benötigen die fest installierte Vorfeldkamera über dem Innenspiegel, wie auf dem Artikelbild erkennbar. Ist die Kamera nicht vorhanden, bieten wir selbstverständlich ebenfalls die komplette Nachrüstung inkl. Vermessung und Scheibentausch an. 

 

unterstützte Fahrzeugmodelle ab BJ 2010 der Bauplattform PQ35, PQ46, MQB, MLB, MLB-EVO (…)“

 

Im Verlauf bemerkte das Unternehmen sodann, dass der spätere Beklagte einige Teile des Werbetextes kopiert und selbst in seinen Anzeigen auf eBay Kleinanzeigen sowie auf Facebook nutzte. Von dem gesamten Text hatte der Beklagte 1.448 Zeichen verwendet, von denen wiederum 197 Zeichen auf die Auflistung der einzelnen Fahrzeugtypen entfielen.

 

Hiergegen ging der Unternehmer vor. Nach seiner Ansicht genieße der Werbetext urheberrechtlichen Schutz, sodass der Beklagte (a) sich vorab eine Erlaubnis für die Nutzung hätte einholen müssen und (b) den Kläger zudem als Urheber hätte benennen müssen.

 

Der Beklagte verweigerte wiederum die Abgabe der geforderten strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung und lehnt auch die geforderten Zahlungen ab, sodass der Kläger vor dem Landgericht Frankenthal klagte.

 

Die Entscheidung

Das Gericht (a.a.O.) wies die Klage ab. Zwar können sowohl Werbetexte als auch Produktbeschreibungen und Werbeslogans bzw. Claims grundsätzlich urheberrechtlichen Schutz genießen. Das setzt jedoch voraus, dass die Schöpfungshöhe im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG erreicht wird. Zwar bestünden keine hohen Anforderungen an die Schöpfungshöhe. Dennoch müsse eine hinreichend erkennbare eigenschöpferische Leistung gegeben sein.

 

Das Gericht führt weiter aus, dass Werbetexte im Regelfall als Gebrauchstexte anzusehen seien, sodass urheberrechtlicher Schutz nur dann in Frage komme, wenn sich die Werbetexte sprachlich oder in der Art und Weise ihrer Anordnung, der Auswahl oder der Gliederung von üblichen Werbetexten aus der gleichen Branche unterscheiden.

 

Praxistipp: Werbetexte und Produktbeschreibungen müssen, um urheberrechtlich geschützt zu sein, über die standardisierten Anpreisungen hinaus gehen.

 

Im vorliegenden Fall stufte das Gericht die Werbetexte des klagenden Unternehmens als „übliche“ Werbetexte ohne besondere schöpferische Eigenleistungen ein, sodass das Gericht die Schöpfungshöhe als nicht erreicht ansah und im Ergebnis den urheberrechtlichen Schutz verneinte.

 

Zwar weise der Werbetext eine gewisse Länge auf. Gleichwohl wurden lediglich kurze Sätze mit rein, die Funktionen beschreibenden Inhalten verwendet. Es seien einfache Formulierungen und standardmäßig genutzte Werbefloskeln verwendet worden, sodass dem Werbetext im vorliegenden Fall kein Urheberschutz zugesprochen werden könne.

 

Das Gericht lehnte zudem auch den zugleich geltend gemachten wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch ab, da dem Werbetext keine wettbewerbsrechtliche Eigenart zugesprochen werden könne. Die konkrete Ausgestaltung des Werbetextes genüge nicht, um die angesprochen Verkehrskreise auf die betriebliche Herkunft im wettbewerbsrechtlichen Sinn hinzuweisen.

 

Fazit

Wer als Unternehmen und Start Up Werbekampagnen plant, sollte bei der Erstellung der Werbetexte, der Produktbeschreibungen sowie der Werbeslogans immer darauf achten, sich nicht auf standardisierte Werbeaussagen und Floskeln zu beschränken. Neben der besseren Werbewirkung von einfallsreichen Slogans und Texten, kann insoweit auch der urheberrechtliche Anspruch begründet werden, um sich vor Nachahmungen der Konkurrenz zu schützen. Das gilt entsprechend für mögliche Schutzansprüche nach dem Wettbewerbsrecht.

 

Weitere Beiträge zum Urheberrecht sind hier zu finden. Zum Wettbewerbsrecht sind hier weitere Blogbeiträge nachzulesen.

 

Anna Rehfeldt, LL.M.

Rechtsanwältin und externe Datenschutzbeauftragte