Empfehlungsmarketing und Freundschaftswerbung – Rechtlich (un-) möglich?

Unstreitig dürfte sein, dass Weiterempfehlungen und Werbung von Kunden mit die authentischsten und finanziell sinnvollsten Werbemaßnahmen sind. Marketingstrategien wie „Freunde werben und Prämie erhalten“ oder „Tell a Friend“ sind bei Unternehmen häufig eingesetzte Instrumente, um mit Hilfe von Bestandskunden Neukunden zu akquirieren. Aber auch wenn das Empfehlungsmarketing und die Freundschaftswerbung dank der zunehmenden Digitalisierung schnell und einfach umsetzbar sind, scheint die Rechtsprechung diese Art der Werbung faktisch unmöglich zu machen.

 

von Rechtsanwältin und externe Datenschutzbeauftragte

Anna Rehfeldt, LL.M.


Hintergrund

„Freunde werben und Prämie erhalten“ oder „Prämie sichern für jede Weiterempfehlung an Freunde und Familie“ sind nur zwei Möglichkeiten für die Ausgestaltung einer Freundschafts- oder einer Tell-a-Friend-Werbemaßnahme.

 

Das Prinzip hinter dem Weiterempfehlungsmarketing ist recht einfach: Bestandskunden des Unternehmens sollen die Produkte und/ oder das Unternehmen seinen Freunden weiterempfehlen. Im Gegenzug erhält der Bestandskunde eine Prämie, entweder in Form eines Rabatts für den nächsten Kauf, eines Gratisgeschenks oder einer sonstigen Vergünstigung.

 

Weiterempfehlungs- und Freundschaftswerbung wird durch die voranschreitende Digitalisierung immer einfacher und somit in der Praxis immer schneller realisierbar.

Zudem ist die Weiterempfehlungs- und Freundschaftswerbung in der Regel auch kostengünstig umsetzbar. Denn Bestandskunden senden bei der „klassischen“ Freundschaftswerbung einfach einen Link per E-Mail, WhatsApp oder über einen anderen Messenger-Dienst an ihre Freunde und, sobald der Freund über diesen Link einen Kauf tätigt oder sich beim Unternehmen in anderer Weise registriert, erhält der Bestandskunde, der den Weiterempfehlungs-Link versandt hat, seine Prämie, den versprochenen Rabatt oder die Vergünstigung.

 

Zwischenfazit: Freundschaftswerbung und Weiterempfehlungen sind für Unternehmen aus praktischer und finanzieller Sicht ein äußerst vielversprechendes Marketinginstrument. Allerdings scheint die Rechtsprechung diese Art der Werbung faktisch auszuschließen.

 

 

„Tell-a-Friend“ Urteil des BGH

Der Bundesgerichtshof (BGH, Az. I ZR 208/12) hatte allerdings bereits im Jahr 2013 die Freundschafts- und Weiterempfehlungswerbung faktisch verboten. Der BGH hatte in seinem Urteil die Weiterempfehlungen als Werbung im Sinne des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) eingestuft, was ohne wirksame Einwilligung des Empfängers unlauter und damit abmahnfähig sei. Demnach sei die elektronische Weiterempfehlung auch als Werbung des empfohlenen Unternehmens (nicht des empfehlenden Bestandskunden) anzusehen, da das Unternehmen mit der „Tell-a-Friend“ Aktion bezwecke, dass die Empfänger der Weiterempfehlung auf die Produkte sowie auf das Unternehmen als solches aufmerksam werden.

 

Zwischenfazit: Nach dem Urteil des BGH sind Weiterempfehlungs- und Freundschaftswerbung via E-Mail, WhatsApp oder sonstigen Messenger-Diensten grundsätzlich unlauter und können abgemahnt werden.

 

 

Lösungen für die Weiterempfehlungs- und Freundschaftswerbung in der Praxis

Um trotz der Rechtsprechung des BGH die Weiterempfehlungs- und Freundschaftswerbung in der Praxis nutzen zu können, sollten Unternehmen folgende (nicht abschließende) Maßnahmen ergreifen, um das Risiko einer Abmahnung zumindest zu reduzieren:

 

  1. Der empfehlende Bestandskunde sollte immer der Absender sein
    Der Absender der Empfehlung, egal ob dies per E-Mail, WhatsApp oder einem anderen Messenger-Dienst erfolgt, sollte immer der Bestandskunde und nicht das Unternehmen sein. Hierdurch wird die Zurechnung der Werbung zum empfohlenen Unternehmen zumindest reduziert.

  2. Keine weitergehende Werbung in der Weiterempfehlung
    Die Inhalte der Weiterempfehlung sollten sich ausschließlich auf die Weiterempfehlung beschränken. Das heißt, die E-Mail, WhatsApp oder sonstige Empfehlungsnachricht sollte keine über die Weiterempfehlung hinausgehende Werbung enthalten.

    Praxistipp: Stellen Unternehmen Vorlagen/ Templates für die Weiterempfehlung zur Verfügung sollten hierin keine weitergehenden Angebote aufgeführt sein.

  3. Ein Empfänger = eine Empfehlung
    Auch wenn dies zunächst wirtschaftlich sinnwidrig erscheint, sollte die Weiterempfehlungsmöglichkeit technisch derart ausgestaltet werden, dass ein Empfänger jeweils nur eine Empfehlung erhalten kann (z.B. nur eine Empfehlungs-E-Mail, nur eine Empfehlungs-WhatsApp-Nachricht etc.).

    Dies empfiehlt sich vor dem Hintergrund, dass in dem BGH-Urteil der Kunde eine Vielzahl von Empfehlungen erhalten hat, wobei acht davon eingegangen sind, nachdem sich der Kunde bereits beim Unternehmen beschwert hatte.

    Zudem sollten Unternehmen insoweit auch bedenken, dass potenzielle Neukunden bei einer Vielzahl von Empfehlungen (= Spam) schnell genervt und abgeschreckt sein können und aus diesem Grund (= übermäßige Werbung) vom Kauf oder der Inanspruchnahme der Dienstleistung Abstand nehmen. Weniger ist manchmal mehr.

  4. Limitierung der Empfehlungen pro Absender
    Auch insoweit gilt, weniger ist manchmal mehr. Unternehmen sollte ihr Empfehlungsmarketingsystem technisch derart ausgestalten, dass pro Absender eine Empfehlung möglich ist, z.B. eine Empfehlung per E-Mail oder eine Empfehlung per WhatsApp-Nachricht etc.). Hierdurch kann verhindert werden, dass der potenzielle Kunde sich Spam ausgesetzt sieht und zugleich das Risiko einer Abmahnung reduzieren.

  5. Keine/ wenig Anreize für Weiterempfehlungen
    Auch wenn dieser Punkt völlig konträr zu den berechtigten Vorstellungen von Unternehmen steht, mit der Weiterempfehlungs- und Freundschaftswerbung so viele Neukunden wie möglich zu akquirieren, kann hierdurch die Zurechnung der Werbung zum Unternehmen und damit das Risiko einer Abmahnung weiter reduziert werden.

    Zwar kann angenommen werden, dass Bestandskunden keinen oder nur einen äußerst geringfügigen Werbeaufwand betreiben werden, wenn sie hierfür keine Vorteile (gleich welcher Art) erhalten. Dennoch ist dieser Punkt aus rechtlicher Sicht anzuempfehlen, will man die Werbekampagne rechtlich sicherer ausgestalten.

 

Fazit

Zugegebenermaßen stellt wohl insbesodnere der 5. Punkt eine der größten Herausforderungen für die Praxis dar. Weiterempfehlungen ohne Bonus, Vergünstigung oder Rabatte werden mit Sicherheit von weitaus weniger Bestandskunden ausgesprochen werden als mit einer solchen Vergünstigung. Unternehmen dürfen insoweit das jeweilige wirtschaftliche Risiko gegeneinander abwägen: Kosten und Nutzen der Weiterempfehlung mit Bonus vs. Kosten eines Rechtsstreits.

 

Im Übrigen sind Unternehmen gut beraten, die vorstehenden Maßnahmen mehr oder weniger intensiv bereits bei ihrer Planung von Werbekampagnen einzubeziehen und je nach Einzelfall mehr oder weniger umfänglich umzusetzen.

 

Im Zweifel sollte sich vorab rechtlicher Rat eingeholt werden.

 

Anna Rehfeldt, LL.M.

Rechtsanwältin und externe Datenschutzbeauftragte


Checkliste: 5 Praxistipps für die Freundschaftswerbung

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