Ist ein Produkt mangelhaft, kommt es in der Praxis zwischen Unternehmen und Kunden oftmals zu Diskussionen darüber, wer die Kosten für den Rückversand des mangelhaften Produktes zahlen muss – Kunde oder Unternehmer? Nicht selten wird hierbei die Rücksendung im Rahmen des gesetzlichen Widerrufsrechts oder einer freiwillig eingeräumten Garantie mit der Rücksendung aufgrund eines Mangels vermischt. Die Problematik spitzt sich meist noch dadurch zu, dass die Rücksendekosten in den AGB des Unternehmens dem Kunden auferlegt werden. Was sollten Unternehmen insoweit nun aber alles beachten, um rechtlich und kundenfreundlich in dieser Situation zu agieren?
von Rechtsanwältin und externe Datenschutzbeauftragte
Anna Rehfeldt, LL.M.
Hintergrund
Mängel sind für alle Beteiligten ein Ärgernis, gleichwohl nicht in Gänze auszuschließen. Hierfür hat der Gesetzgeber dem Kunden eine Palette an Gewährleistungsrechten zur Verfügung gestellt, die dem Kunden bzw. (je nach Blickwinkel) dem Unternehmen
- ein Recht auf Nacherfüllung einräumen und sodann
- weitere Rechte wie Rücktritt, Minderung und
- (verschuldensabhängig) Schadensersatz zugestehen
Insbesondere im Onlinehandel gilt neben dem Konvolut an Gewährleistungsrechten außerdem das gesetzliche Widerrufsrecht.
Achtung: Das gesetzliche Widerrufsrecht gilt unter anderem (a) für Fernabsatzverträge (z.B. Onlinehandel), (b) nur gegenüber Verbrauchern (B2C) und, im Fall einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung, (c) für 14 Tage. Das gesetzliche Widerrufsrecht kann nicht ausgeschlossen werden und ist somit zwingend.
Die gesetzliche Gewährleistungsfrist dauert für den Verkauf von Neuwaren zwei Jahre an und kann unter Umständen (auch in AGB) verkürzt werden. Siehe den Beitrag zu möglichen Verkürzungen der Gewährleistungsfrist hier.
Rücksendekosten bei mangelhaften Produkten
Ist ein Produkt nun tatsächlich mangelhaft, sieht der Gesetzgeber ein gestuftes Gewährleistungssystem vor.
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Nacherfüllung, § 439 BGB
Liegt tatsächlich ein Mangel vor, hat der Unternehmer das Recht, den Mangel zu beseitigen (= reparieren) oder eine neue, mangelfreie Ware zu liefern.
Achtung: Das Wahlrecht im Rahmen der Nacherfüllung beim Kauf steht laut Gesetz dem Käufer zu. Das heißt, der Kunde kann grundsätzlich frei wählen, ob er die Reparatur oder die Lieferung einer mangelfreien Sache wünscht.
Unternehmer sind hier aber nicht völlig schutzlos und können der Wahl des Käufers bei z.B. unverhältnismäßig hohen Kosten der gewählten Variante widersprechen. Hier kommt es maßgeblich auf den Einzelfall an.
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weitere Gewährleistungsrechte
Ist die Nacherfüllung missglückt oder unmöglich, können im zweiten Schritt die weiteren Gewährleistungsrechte wie etwa Rücktritt oder Minderung geltend gemacht werden.
Praxistipp: Der Kunde muss dem Verkäufer im Regelfall immer erst eine Frist zur Nacherfüllung setzen. Er kann demnach grundsätzlich nicht sogleich vom Vertrag zurücktreten und sein Geld zurückverlangen, wenn er zuvor keine Nacherfüllung ermöglicht hat.
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Kosten der Nacherfüllung
Bleibt man im ersten Schritt der Gewährleistung (= Nacherfüllung), so bleibt zunächst festzuhalten, dass die Gewährleistung stets einen Mangel voraussetzt.
Achtung: Normale Gebrauchsspuren, üblicher Verschleiß oder eine fehlerhafte Bedienung durch den Kunden sind im Regelfall kein Mangel im Sinne des Gewährleistungsrechts und müssen in Folge dessen auch grundsätzlich nicht vom Unternehmen nachgebessert werden.
Woher weiß man nun aber, ob tatsächlich ein Mangel vorliegt, der auch schon im Zeitpunkt des sog. Gefahrenübergangs (= Übergabe der Sache an den Kunden/ Transportdienstleister) bestand?
In den ersten 6 Monaten nach Gefahrübergang wird bei Verbraucherkunden gesetzlich vermutet, dass der Mangel bereits beim Gefahrübergang vorlag. Hier muss also der Unternehmer beweisen, dass die Ware zu diesem Zeitpunkt mangelfrei war. Nach den ersten 6 Monaten ändert sich die Beweislast und der Kunde muss beweisen, dass die Ware bei Gefahrübergang mangelhaft war.
Will der Unternehmer nun im Rahmen seines Nacherfüllungsrecht prüfen, ob tatsächlich ein Mangel vorliegt, kommt die Frage zum Tragen: Wer zahlt die Kosten für den Rückversand?
Hier antwortet der Gesetzgeber in § 439 Abs. 2 BGB recht eindeutig: „Der Verkäufer hat die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen.“
Achtung: Das gilt nur für die Fälle, in denen tatsächlich ein Mangel vorliegt und der Kunde von seinem Gewährleistungsrecht Gebrauch macht. Im Fall des gesetzlichen Widerrufsrechts, kann der Unternehmer die Kosten für den Rückversand dem Kunden auferlegen. Das muss dann bereits in der Widerrufsbelehrung geregelt werden.
Praxistipp: Der Unternehmer kann im Fall der Nachlieferung einer mangelfreien Sache (a) die alte, mangelhafte Sache vom Kunden zurückverlangen und (b) unter Umständen auch Wert- und Schadensersatz vom Kunden verlangen. Hier kommt es auf den Einzelfall an.
Fazit
Zusammengefasst lässt sich zu der Frage, wer die Kosten für die Rücksendung bei einem Mangel zahlt, sagen, dass diese Kosten grundsätzlich durch den Verkäufer zu zahlen, vorausgesetzt es liegt tatsächlich ein Mangel im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vor, für den der Unternehmer auch verantwortlich ist.
Übt der Verbraucherkunde hingegen sein gesetzliches Widerrufrecht aus, für das es nicht auf das Vorliegen eines Mangels ankommt, das heißt, was auch grundlos
ausgeübt werden kann, hat der Kunde die Rücksendekosten zu tragen. Das setzt jedoch voraus, dass der Unternehmer die Kosten für die Rücksendung in der Widerrufsbelehrung wirksam dem Kunden
übertragen hat.
Was gilt nun aber noch für die Fälle, bei denen der Kunde einen Mangel rügt, der aber keiner ist (= unberechtigte Mängelrüge). Wer trägt hier die Kosten für die Prüfung und den (Rück-) Versand? Das kann im Beitrag "Unberechtigte Mängelrüge: Wer zahlt die Kosten für die Prüfung und Rückversand" vom 25.03.2021 nachgelesen werden.
Anna Rehfeldt, LL.M.
Rechtsanwältin und externe Datenschutzbeauftragte