Gewährleistung + Garantie = irreführende Werbung?

Gewährleistung und Garantie werden in der Praxis häufig synonym verwendet, obwohl beide Ansprüche rechtlich nichts miteinander zu tun haben. Die Gewährleistung ist gesetzlich vorgeschrieben und kann gegenüber Verbrauchern nur teilweise (z.B. bei gebrauchten Produkten) verkürzt, nicht aber ausgeschlossen werden. Beim Kauf ist in der Regel von einer 2-jährigen Gewährleistungsfrist auszugehen. Anders ist dies bei der Garantie. Diese kann vom Verkäufer, Hersteller oder Händler freiwillig eingeräumt werden. Die Garantie kann sich etwa auf die Haltbarkeit oder die Funktionsfähigkeit für einen Zeitraum X beziehen. Zudem können an die Garantie auch Bedingungen geknüpft werden. Will man nun aber Gewährleistung und Garantie addieren, kann dies eine irreführende Werbung darstellen, inkl. Abmahnrisiko.

 

von Rechtsanwältin und externe Datenschutzbeauftragte

Anna Rehfeldt, LL.M.


Hintergrund

Einem Online-Marktplatz, der sich vorranging an deutsche Kunden richtet, konnte unter anderem die Werbeaussage „36 Monate Garantie“ für Smartphones wie das Apple iPhone 12 entnommen werden. Der Marktplatz selbst veräußerte die Produkte nicht, sondern stellt lediglich die Plattform zur Verfügung über die Verkäufer ihre Waren veräußern können.

Das Problem bei der Werbung mit "36 Monate Garantie" ist jetzt aber, dass sich die 36 Monate aus der gesetzlichen Gewährleistungsfrist und sich einer daran anschließenden (freiwilligen) Garantie zusammensetzt.

 

Problem: Es wurden also die Gewährleistungsfrist und die Garantie addiert und die Summe wurde als „36 Monate Garantie“ beworben.

 

Die Wettbewerbszentrale sah hierin eine irreführende Werbung und ging gegen den Betreiber des Online-Marktplatzes vor. Die Werbung mit „36 Monate Garantie“ sei für die intransparent und irreführend. Es sei anhand der Werbung nicht ersichtlich, dass sich die 36 Monate aus der Gewährleistungsfrist und der Garantie zusammensetze.

 

Vielmehr erwarte der Verbraucherkunde anhand der Werbung, dass er unmittelbar nach dem Kauf eine Garantie von 36 Monaten erhält und nicht nur eine verkürzte Garantie, die auch erst nach Ablauf der gesetzlichen Gewährleistungsfrist beginnt.

 

Beanstandet wurde durch die Wettbewerbszentrale hierbei auch, dass die Dauer der Garantie vom Einzelfall abhängig sei, da Verkäufer die gesetzliche Gewährleistungsfrist (für gebrauchte Waren) auf 12 Monate verkürzen könne aber dies eben nicht müsse.

 

Das heißt, kürzt ein Verkäufer die Gewährleistung, besteht eine um diesen Zeitraum verlängerte Garantie. Bleibt es hingegen bei der Gewährleistung von 2 Jahren, verkürzt sich die Garantie. Die Werbung mit „36 Monaten Garantie“ sei somit auch deshalb irreführend und unzulässig, zumal Verbraucher die Unterscheidung von Garantie und Gewährleistung in der Praxis ohnehin nicht immer erkennen.

 

Der Online-Marktplatzbetreiber argumentiert dagegen und meint, dass die Verkäufer auf seiner Plattform gemäß den AGB neben der gesetzlichen Gewährleistung immer auch eine Garantie von 12 Monaten übernehmen müssen, sodass keine Irreführung vorliege.

 

Die Entscheidung

Das Landgericht Frankfurt/Main (Az. 2-06 O 421/20 – nicht rechtskräftig) gab der Wettbewerbszentrale recht. Die Werbung mit „36 Monate Garantie“ sei im vorliegenden Fall irreführend und unzulässig.

 

Der Online-Marktplatzbetreiber hatte eine Gegendarstellung dazu abgegeben und führt unter anderem aus, dass für alle über den Marktplatz verkauften Produkte eine 36-monatige Garantie bestehe, die neben die gesetzliche Gewährleistung trete. Der Verkäufer übernehme hiervon mindestens die ersten 12 Monate, den Rest übernehme der Marktplatzbetreiber. Im Streitfall übernehme der Marktplatzbetreiber unter bestimmten Voraussetzungen auch die Garantiepflicht des jeweiligen Verkäufers.

 

Fazit

Auch wenn die Entscheidung des Landgerichts Frankfurt/ Main noch nicht rechtskräftig ist (Stand: 24.02.2021) zeigt die Entscheidung nochmals deutlich, dass zwischen Garantie und Gewährleistung zwingend zu unterscheiden ist und dass beide Ansprüche insbesondere auch nicht addiert und mit einer Summe beworben werden sollten.

 

Zum einen deshalb, weil die gesetzliche Gewährleistung zwingend und eine „Selbstverständlichkeit“ ist, mit der nicht geworben werden darf, will man keine Abmahnung riskieren.

 

Zum anderen sollten Garantie und Gewährleistung auch deshalb getrennt voneinander gehalten werden, weil die Garantie

 

  • (a) grundsätzlich beworben werden darf (und aus Marketingsicht auch beworben werden sollte) und

  • (b) können Händler, Hersteller und Verkäufer die Garantie in der Regel auch an Bedingungen knüpfen, die wiederum klar kommuniziert werden müssen.

 

Gerade die Garantiebedingungen können für Hersteller, Händler und Verkäufer von besonderer Bedeutung sein, will man nicht pauschal einstehen müssen. Diese Möglichkeit sollte man sich nicht verbauen in dem man die beiden Rechtsinstitute Garantie und Gewährleistung unnötiger und in wettbewerbswidriger Weise vermischt.

 

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Anna Rehfeldt, LL.M.

Rechtsanwältin und externe Datenschutzbeauftragte