In der letzten Woche wurde im Beitrag „Fitness, Diät, Anti-Age & Co. – Gesundheitsbezogene Werbung richtig gestalten Teil 1“ bereits erläutert, dass das Bewusstsein für die eigene Gesundheit und Fitness einen positiven Trend erfährt. Wer als Unternehmen in diesem Bereich erfolgreich tätig sein will, kommt um eine einschlägige Werbekampagne nicht herum. Der Markt ist schließlich umkämpft. Eine Form der Werbung können insoweit Testimonials sein, also die Werbung mit den (positiven) Erfahrungen von Kunden. Im Hinblick auf das Thema „Gesundheitsbezogene Werbung richtig gestalten“ stellen sich hierbei jedoch einige Fallstricke.
Hintergrund
Die Werbung mit gesundheitsbezogenen Angaben unterliegt wesentlich strengeren Regelungen als beispielsweise die Werbung für Kleidung, Möbel oder andere Konsumgüter des täglichen Bedarfs. Wer mit Arzneimitteln, Medizinprodukten oder etwa mit Verfahren oder Behandlungen wirbt, unterfällt im Regelfall den Sondervorschriften des Heilmittelwerbegesetzes (HWG).
Achtung: Das HWG gilt zusätzlich zum Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), sodass die Regelungen des UWG weiterhin anwendbar sind, sofern sie nicht vom spezielleren HWG überlagert werden.
Praxistipp: Welche Werbung konkret unter das HWG fallen kann, ist im Beitrag „Fitness, Diät, Anti-Age & Co. – Gesundheitsbezogene Werbung richtig gestalten Teil 1“ genauer erläutert. Es kommt für die Anwendung des HWG immer auf die Werbung und nicht auf das Unternehmen an!
Werbung mit Testimonials
Wer nun mit den (positiven) Erfahrungen und Meinungen von zufriedenen Kunden werben will, kann dies grundsätzlich tun. Gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 11 HWG gilt aber folgendes:
„Außerhalb der Fachkreise darf für Arzneimittel, Verfahren, Behandlungen, Gegenstände oder andere Mittel nicht geworben werden (…) mit Äußerungen Dritter, insbesondere mit Dank-, Anerkennungs- oder Empfehlungsschreiben, oder mit Hinweisen auf solche Äußerungen, wenn diese in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise erfolgen (…)“
Was heißt das?
Zunächst ist die Einschränkung der Werbung nach § 11 HWG auf die Werbung außerhalb von Fachkreisen, das heißt insbesondere auf die Werbung gegenüber Verbrauchern beschränkt. Wer also Werbung (ausschließlich) in Fachkreisen erbringt, unterfällt nicht den Bestimmungen des § 11 HWG.
Achtung: Aber auch in diesen Fällen greifen die wettbewerblichen Regelungen des UWG!
Aus der Regelung folgt zudem aber auch, dass die Werbung gegenüber Verbrauchern mit Testimonials immer dann zulässig sein kann, wenn die Werbung weder missbräuchlich noch abstoßend oder irreführend ist.
Beispiele für unzulässige Werbung nach § 11 Abs. 1 Nr. 11 HWG (nicht abschließend):
1. Die in der Werbung erscheinenden Personen waren tatsächlich gar nicht krank und/ oder wurden tatsächlich nicht mit dem beworbenen Verfahren behandelt;
2. Subjektive Erfahrungsberichte dürfen nicht den Anschein erwecken, dass sie verallgemeinerungsfähig sind und/ oder dass der Verbraucher-Kunde ein Wissenschaftler sei, der er tatsächlich nicht ist;
3. Die Meinung von Prominenten hat in gesundheitsbezogener Werbung grundsätzlich nichts zu suchen. Das gilt auch für andere Personen, die autoritär sind;
4. Das Testimonial darf vom Unternehmer nicht bezahlt worden sein, wozu auch andere wirtschaftliche Vorteile zählen, die keine Geldmittel sind;
5. Behandlungserfolge dürfen nicht in übertriebener Art und Weise dargestellt werden, beispielsweise mit der Werbung in Superlativen;
6. Die Werbung mit Behandlungserfolgen darf zudem auch nicht undifferenziert erfolgen, etwa wenn der Behandlungserfolg beim betroffenen Kunden eine Ausnahme darstellt.
7. …
Demgegenüber dürften folgende Werbemaßnahmen nach § 11 Abs. 1 Nr. 11 HWG erlaubt sein:
1. Aus der Werbung geht klar und unmissverständlich hervor, dass es sich bei dem Testimonial um einen Einzelfall handelt;
2. Die Werbung für ein bestimmtes Produkt oder Verfahren enthält kein allgemeines Wirk- oder Erfolgsversprechen;
3. Erfahrungsberichte von mehreren Kunden können zusammengefasst werden, wenn diese auch dann noch der Wahrheit entsprechen (z.B. „Mehr als die Hälfte unserer Kunden berichten über eine Linderung der Beschwerden nach 8 Wochen“)
4. Testimonials mit Erfahrungsberichten über die Vorgehensweise der Behandlung (und nicht über den Behandlungserfolg) sind in der Werbung grundsätzlich auch zulässig (z.B. „Der Aufenthalt bei Trainer XYZ war für mich sehr angenehmen. XYZ hat sich viel Zeit für mich und meine Bedürfnisse genommen und ist auf meine individuellen Fragen genau eingegangen.“).
Achtung: Wer mit positiven Testimonials wirbt, darf in der gesundheitsbezogenen Werbung etwaige negative Kundenmeinungen nicht verheimlichen. Das gilt insbesondere dann, wenn die Webseite eine Bewertungsfunktion hat. Es kann nämlich irreführend und damit unzulässig sein, wenn nur positive Bewertungen durch den Unternehmer freigeschaltet werden, negative Bewertungen demgegenüber gar nicht bzw. erst nach einer ca. 5-tägigen Prüfung (vgl. OLG Düsseldorf, Az. I-20 U 55/12).
Gesundheitsbezogene Werbung mit Foto- und Bildaufnahmen
Neben den Kundenmeinungen sind Bilder und Fotos ebenfalls ein geeignetes Werbemittel. Wie bei den Testimonials gilt aber auch hier nach § 11 Abs. 1 Nr. 5 HWG, dass die Werbung mit „bildlichen Darstellungen“ nur dann zulässig ist, wenn diese Veränderungen des menschlichen Körpers weder missbräuchlich noch abstoßend oder irreführend darstellen.
Beispiele: Fotoaufnahmen von atypischen bzw. von seltenen Krankheitsverläufen sind in der Regel unzulässig, wenn dies nicht klar und eindeutig in der Werbung als solches gekennzeichnet wird.
Sonderfall: Werbung mit Vorher-Nachher-Bildern
Seit 2012 ist die Werbung mit Vorher-Nachher-Bildern grundsätzlich zulässig, vorausgesetzt die Bilder entsprechen dem tatsächlichen Verlauf. Stellen die Bilder hingegen eine Ausnahme bzw. eine atypische Entwicklung dar, ist dies in der Werbung eindeutig zu kennzeichnen.
Achtung: Bei plastisch-chirurgischen Behandlungen ist eine Vorher-Nachher-Gegenüberstellung immer noch unzulässig, § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 HWG.
Ansonsten ist es mittlerweile auch zulässig, dass Therapeuten in der Werbung in ihrer Berufsbekleidung oder während der Tätigkeit abgebildet werden.
Fazit
Die Werbung mit gesundheitsbezogenen Angaben ist aufgrund der detaillierten gesetzlichen Anforderungen in der Praxis nicht leicht umzusetzen, gleichwohl aber möglich.
Als Leitformel kann man sich merken, dass in der Werbung nichts behauptet werden darf, was unzutreffend ist. Bei der Werbung mit der Wirksamkeit von Behandlungen, Therapien oder Wirkstoffen ist dies nur zulässig, wenn die Wirksamkeit wissenschaftlich belegt ist.
Achtung: Die Anforderungen an diesen „wissenschaftlichen Beleg“ sind äußert hoch und müssen im Streitfall vom werbenden Unternehmen bewiesen werden.
Praxistipp: Die Werbung mit einem 100 %-igen Erfolgsversprechen führt im Regelfall zu einer Abmahnung, selbst wenn es wissenschaftliche Belege für die Wirksamkeit nach den strengen Maßstäben geben sollte. Die Werbung hiermit sollte also unterbleiben.
Beispiel: Die Werbung mit „Unser Training/ Produkt XY hilft bei chronischen Beschwerden im Rücken- und Schulterbereich“ dürfte
unzulässig sein und sollte eher durch „Unser Training/ Produkt XY kann bei chronischen Beschwerden im Rücken- und Schulterbereich helfen“ ersetzt werden
Last but not least ist zu beachten, dass sich das HWG nicht auf einzelnen Formen der Werbung beschränkt, sondern jede Art der Werbung regelt. Das heißt, Unternehmen, Handwerksbetriebe, Start Up’s, Trainer oder Therapeuten aus dem Gesundheitsbereich haben das HWG auch bei der Werbung auf ihrem Werbeschild, dem Autoaufkleber, der Leuchtreklame und/ oder dem Praxisschild zu beachten, einschließlich der Werbung auf der Visitenkarte.
Weitere interessante Beiträge zu diesem Thema:
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- Werbung richtig kennzeichnen - Teil 1
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Bei Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung
Anna Rehfeldt, LL.M.
Rechtsanwältin und externe Datenschutzbeauftragte