Im Heilmittelrecht stehen die Interessen der Öffentlichkeit am Gesundheitsschutz den Gefahren einer unsachlichen Beeinflussung der
Verbraucher durch Irreführung gegenüber. Demnach musste das Werberecht im Heilmittelbereich öffentlich-rechtlich ausgestaltet werden um diese Kollision effektiv in Ausgleich zu bringen. Als
Spezialmaterien ist das Heilmittelwerberecht im Heilmittelwerbegesetz (HWG) geregelt. Es ist als Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht ausgestaltet. Die Regelungen zum UWG finden daneben weiter
Anwendung.
Wann finden die Regelungen des HWG Anwendung?
Das HWG ist immer dann zu beachten, wenn es um die Werbung und Vermarktung von Arzneimitteln (§ 2 AMG), von Medizinprodukten (§ 3
MPG) oder von anderen Mitteln, Verfahren, Behandlungen und Gegenständen zur Erkennung, Beseitigung oder Linderung von Krankheiten, Leiden, Körperschäden und sonstigen krankhaften Beschwerden bei
Mensch oder Tier geht.
Arzneimittel und Medizinprodukte werden grundsätzlich danach unterschieden, ob es sich um eine Anwendung am (=
Medizinprodukt/ physikalische Anwendung) oder im (= Arzneimittel) menschlichen Körper handelt.
Im Übrigen erfolgt eine Abgrenzung zu anderen Produkten wie beispielsweise Lebensmitteln und Kosmetikartikeln nach der jeweiligen
Zweckbestimmung. Unbeachtlich ist hierbei, ob das Produkt tatsächlich geeignet ist Krankheiten zu erkennen und zu heilen. Allein die Bezeichnung bei der Vermarktung ist für die Einordnung
von Bedeutung, was bereits bei der Planung und spätestens bei der Umsetzung der eigenen Werbemaßnahmen zu beachten ist.
Die Unterscheidung von Arznei- und Lebensmitteln ist praktisch nicht immer klar und eindeutig. Hilfe bietet hier die EG
Verordnung 178/ 2002, wonach Lebensmittel alle Stoffe und Erzeugnisse sind, die vernünftiger Weise vom Menschen aufgenommen werden und als Nahrungsmittel dienen. Arzneimittel dienen demgegenüber
vorrangig therapeutischen Zwecken. Auch die Dosierung kann als Hilfe zur Unterscheidung herangezogen werden. Vitaminkomplexe können in hoher Dosis therapeutisch eingesetzt werden (= Arzneimittel)
oder bei geringer Dosis als Nahrungsergänzungsmittel (= Lebensmittel) anzusehen sein. Gleiches gilt bei Diät- oder Muskelaufbaupräparaten. Der jeweilige Einzelfall ist entscheidend.
Bei Kosmetikartikeln sind immer dann die Regelungen des HWG zu berücksichtigen, wenn die Werbung Aussagen zu
therapeutischen und heilenden Wirkungen enthält. Maßgeblich ist auch hier wieder die in der Werbung enthaltene Zweckbestimmung.
Wann wird mit Heilmitteln geworben?
Trotz des öffentlich- rechtlichen Charakters des HWG, sind die Vorgaben des UWG daneben anzuwenden. Werbung ist demnach jede geschäftliche Handlung, zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss. Es muss objektiv der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen dienen.
Die Werbung muss allerdings speziell auf Heilmittel bezogen sein. Image- oder Vertrauenswerbung eines Unternehmens unter fällt demnach nicht den zusätzlichen Vorgaben des HWG.
Als Werbemaßnahmen kommen sämtliche Print-, Radio-, TV- und Internetmedien in Betracht, wobei gerade beim „product
placement“ im TV eine Werbeabsicht nicht immer leicht zu erkennen ist.
Bei Werbemaßnahmen die dem HWG unterfallen, ist bei der Ausgestaltung zu differenzieren, ob die Werbung an Fachkreise (Apotheker,
Ärzte, Heilpraktiker etc.) oder an die Allgemeinheit gerichtet ist. Je nachdem kann entweder aufgrund von Fachwissen umfassender geworben werden oder es sind besondere zusätzliche und
einschränkende (verbraucherschützende) Vorgaben zu beachten.
Im online Bereich können die Vorgaben durch Vorkehrungen wie Passwörter oder dergleichen eingehalten werden.
Wann liegt ein Verstoß gegen das HWG vor?
Wie im UWG ist auch im HWG die Irreführung verboten. Eine solche liegt vor, wenn die durch die Werbemaßnahme hervorgerufene
Vorstellung nicht der Realität entspricht.
Im HWG sind dies unter Berücksichtigung der speziellen heilmittelrechtlichen Ausgestaltung vor allem folgende Maßnahmen:
Werbung mit nicht vorhandenen Wirkungen
Versprechen eines Therapierfolges
Verschweigen oder Leugnen schädlicher Wirkungen
Täuschungen über die Zusammensetzung oder die Beschaffenheit des Produkts
Täuschungen über die Person oder die Eigenschaft des Herstellers sowie
das Verheimlichen der Werbeabsicht
Hierbei ist jedoch wieder der jeweilige Einzelfall maßgeblich.
Diese in § 3 HWG normierten Verbotstatbestände werden durch § 6 HWG ergänzt. Bei der Werbung mit Gutachten, Zeugnissen, Fachbeiträgen oder Empfehlungen besteht eine erhöhte Missbrauchsgefahr, da
Angaben in diesen Gebieten erhöhtes Vertrauen zukommt. Gemäß § 6 HWG ist die Werbung mit diesen Mitteln dann unzulässig, wenn sie nicht von einer jeweiligen Fachperson verfasst worden ist. Diese
Fachperson muss zudem mit Name, Beruf und Wohnort sowie dem Ausstellungsdatum benannt werden. Dieser Umstand sollte bereits bei der Vorbereitung von Werbemaßnahmen beachtet werden und in die
Gestaltung einbezogen werden.
Sonderfragen
In der Praxis stellt sich häufig die Frage, ob mit Arzneimittel geworben werden darf, die trotz Zulassungspflicht
(noch) nicht zugelassen worden sind. Ob also unter Umständen bereits vor Abschluss des Zulassungsverfahrens Werbemaßnahmen durchgeführt werden dürfen. Gemäß § 3a HWG ist dies unzulässig.
Streitig in diesem Bereich ist, ob das Verbot auch dann greift, wenn zwar eine Zulassung vorliegt, die Werbung aber ein andere Indikation erfasst, die außerhalb der eigentlichen Zulassung
liegt. Diese Unsicherheit ist bei Werbekampagnen stets einzukalkulieren.
Eine weitere Sonderfrage ist das Thema „Packungsbeilage“, wobei die §§ 4, 4a HWG einen umfassenden Katalog mit
den Pflichtangaben enthalten. Werbung in Packungsbeilagen ist generell unzulässig.
Homöopathische Arzneimittel dürfen nicht mit Angaben zu Anwendungsgebieten beworben werden. Diese Mittel müssen
als solche gekennzeichnet werden und sind, anders als Arzneimittel, auch ohne Zulassungsverfahren verkehrsfähig.
Werbeabgaben sind gemäß § 7 HWG an Verbraucher unzulässig. Der Verbraucher soll nicht durch sachfremde
Erwägungen zum Kauf animiert werden.
Ausnahmen bestehen jedoch für geringwertige Kleinigkeiten und Kundenzeitschriften, wobei die Einordnung als „Kleinigkeit“ oftmals zu Streit führt. Auch die Ausnahme bei der Abgabe an
Fachkreise ist von praktischer Relevanz. So kann zum Beispiel bei berufsbezogenen und wissenschaftlichen Veranstaltungen eine Wertreklame zulässig sein.
Bestimmte Vertriebsformen sind gemäß § 8 HWG verboten, was wiederum bei der Ausgestaltung des eigene
Geschäftsbetriebs oder der Erweiterung auf den Onlinehandel zu beachten ist. Hierzu zählt auch das Verbot der Fernbehandlung gemäß § 9 HWG
Für rezept- bzw. verschreibungspflichtige Arzneimittel besteht ein generelles Werbeverbot außerhalb von
Fachkreisen. Für Produzenten und Hersteller solcher Produkte, sollte dieser Umstand im Rahmen ihrer Vertriebsstruktur einbezogen werden.
Die Werbung gegenüber der Allgemeinheit/ Öffentlichkeit ist aufgrund des Schutzbedürfnisses, das diesen Adressaten zugesprochen wird nur eingeschränkt möglich. § 11 HWG listet einen umfassenden Verbotskatalog auf. Verboten ist demnach:
Werbemaßnahmen mit fachlichen Empfehlungen oder Gutachten
Werbung mit der Wiedergabe von Krankengeschichten und Empfehlungen Dritter
Werbemaßnahmen mit vorher-nachher Bildern, Bildern mit Personen in Berufsbekleidung oder Bildern über die Wirkweise von Arzneimitteln
Werbungen in Fremdsprachen, gegenüber Kindern, mit Gewinnspielen oder mit Angstwerbung
Verschleierung des Werbecharakters
Abgabe von Probe- und Musterartikeln
Anleitungen zur Selbstdiagnose und Selbstmedikation sowie
vergleichende Werbung im Rahmen von Humanarzneimitteln
Im Bereich des Online-Versandhandels, der auch für Apotheken seit 2004 zulässig ist, sind die Vorgaben aus dem e-commerce (Widerruf, Preisbindung, AGB etc.) zusätzlich zu beachten. Weitere Informationen finden Sie hier.
Um kostenintensive Abmahnungen und Verfahren zu vermeiden, sollte jede Werbemaßnahmen und Werbekampagne im gesamten Verlauf
rechtlich betreut werden. Insbesondere im Heilmittelwesen können kleine Umstände eine insgesamt andere Einschätzung und Beurteilung begründen. Bei Produkt(neu)einführungen können so auch
kostspielige Rücknahmen und Schadensersatzforderungen vermieden werden.
Ich stehe Ihnen bei Fragen zum Wettbewerbs- und Heilmittelwerberecht jederzeit zur Verfügung. Ich berate sowohl Ärzte, Apotheker, Zahnärzte als auch alle sonstigen Angehörige von Heilberufen, sowie Arzneimittelhersteller, Krankenhäuser, Werbeagenturen und die Kosmetikindustrie.