Nachträgliche Änderungen von AGB

Pacta sunt servanda – Verträge sind einzuhalten. Dieser Grundsatz gilt auch im Hinblick auf die wirksam einbezogenen AGB, die nichts anderes als Vertragsbestandteil sind. Allerdings gilt auch Keine Regel ohne Ausnahme. Denn insbesondere bei längerfristigen Verträgen (sogenannten Dauerschuldverhältnissen) besteht in der Praxis regelmäßig der Bedarf, dass die Verträge, namentlich die AGB im Verlauf geändert beziehungsweise angepasst werden. Welche Voraussetzungen sind dafür aber zu erfüllen, will man die nachträgliche Änderung von AGB wirksam durchführen?

 

Von Anna Rehfeldt, LL.M.

Rechtsanwältin und externe Datenschutzbeauftragte


Hintergrund

In der Praxis ist das Thema der nachträglichen Änderung von AGB gerade in den letzten Wochen und Monaten mehr als präsent geworden. Neben den stetig steigenden Energie- und Materialkosten, die durch Unternehmen zumindest teilweise an die Kunden weitergereicht werden müssen, will man am Markt bestehen, können aber auch andere Gründe vorliegen, die eine nachträgliche Änderung von AGB erforderlich werden lassen.

 

Beispiele: Änderungen Einkaufs- und Materialpreise, Änderungen Geschäftsmodell, Änderungen Vertriebskanäle etc.

 

Zwar gilt im deutschen Recht der eingangs benannte Grundsatz pacta sunt servanda, allerdings nicht absolut. Denn grundsätzlich können AGB nachträglich geändert werden.

 

Voraussetzung für eine wirksame nachträgliche Änderung von AGB ist allerdings, dass man einige rechtliche Fallstricke kennt und vermeidet

 

Voraussetzungen nachträgliche Änderung der AGB

Wer als Unternehmer nachträglich, das heißt nach Vertragsschluss, seine AGB wirksam ändern will, kann dies unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben auf unterschiedliche Art und Weise tun:

 

  1. Einvernehmlich mit Zustimmung des Vertragspartners
    AGB können zum einen nachträglich dann wirksam geändert werden, wenn dies einvernehmlich, das heißt mit Zustimmung des Vertragspartners erfolgt.

    Unternehmen sollten hierbei aber beachten, dass die geänderten AGB so einzubeziehen sind, wie die ursprünglichen AGB. Denn anderenfalls scheitert die Wirksamkeit der geänderten AGB bereits an der Einbeziehung (siehe § 305 Abs. 2 BGB)

    Praxistipp: Siehe zur Einbeziehung auch meinen Blogbeitrag AGB – Wenn bereits die Einbeziehung scheitert

    Unternehmer müssen demnach (insbesondere bei Verträgen mir Verbrauchern – B2C) die Einbeziehungsvoraussetzungen erfüllen. Namentlich muss der Unternehmer als Verwender der AGB

    (1) auf die geänderten AGB hinweisen,
    (2) der Vertragspartner muss die geänderten AGB zur Kenntnis nehmen können und
    (3) diesen sodann auch zustimmen.

    In der Praxis taucht bei dieser Variante jedoch oft das Problem auf, dass Kunden die Zustimmung nicht erteilen oder überhaupt keine Reaktion zeigen und schweigenDas hat wiederum zur Konsequenz, dass für diese Kunden die alten AGB weitergelten und Unternehmer den Vertrag unter Beachtung der Kündigungsfrist erst zum nächst möglichen Termin kündigen können. Bis dahin gelten die alten AGB für diesen Kunden weiter.

    Für Neukunden können die geänderten AGB sogleich Vertragsbestandteil werden.
  2. Änderungsvorbehalt in AGB
    Vor diesem Hintergrund ist für Unternehmer die zweite Variante eleganter und einfacher, will man nachträglich die AGB ändern.

    Denn um zu verhindern, dass die geänderten AGB mangels Zustimmung des Vertragspartners gelten und somit für Alt- und Neukunden unterschiedliche AGB gelten, sind Unternehmen gut beraten, von Anfang an einen (wirksamen) Änderungsvorbehalt in AGB aufzunehmen.

    Damit ein solcher Änderungsvorbehalt aber wirksam ist, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

    (a) Der Änderungsvorbehalt muss sachlich gerechtfertigt sein und darf den Vertragspartner durch die Änderung der AGB nicht schlechter stellen als den Verwender.

    (b) Der Änderungsvorbehalt muss transparent sein, sodass der Vertragspartner von Anfang an weiß, welche konkreten Umstände zu einer Änderung der AGB führen können. Das können z.B. Änderung der Gesetzeslage, Änderungen der Marktsituation oder Änderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung sein.

    Praxistipp: Die Umstände, die den Unternehmer zu einer nachträglichen, einseitigen Änderung der AGB berechtigen sollen, sollten in den ursprünglichen AGB konkret benannt werden.

    Zu unbestimmte Änderungsklauseln sind unwirksam und berechtigen den Unternehmer nicht, die AGB nachträglich zu ändern.

    Beispiel: Unwirksam, weil zu unbestimmt dürften Formulierungen sein wie „Änderungen sind jederzeit durch die Z-GmbH möglich“ oder AGB-Klauseln die die Geltung der AGB „in der jeweils geltenden Fassung“ vorgeben.

    Achtung: Unwirksam sind Änderungsklauseln in AGB regelmäßig auch dann, wenn sie eine Anpassung nur zu Lasten des Vertragspartners ermöglichen, Entlastungen hingegen nicht berücksichtigen.

 

Liegt ein inhaltlich wirksamer Änderungsvorbehalt in den AGB vor, ist weiter zu beachten, dass die nachträgliche Einbeziehung der AGB wirksam verläuft.  

 

Ist der Vertragspartner Verbraucher, greift für die Einbeziehung der nachträglich geänderten AGB grundsätzlich die Erklärungsfiktion aus § 308 Nr. 5 BGB.

 

In diesen Fällen muss die AGB-Klausel vorsehen, dass dem Vertragspartner (= Verbraucher)

  1. eine angemessene Frist gesetzt wird, innerhalb derer er seine ausdrückliche Erklärung abgeben kann.
  2. Der Verwender der AGB (= Unternehmer) ist außerdem dazu verpflichtet, den Vertragspartner bei Beginn der Frist auf die Fiktion besonders hinzuweisen.

 

Praxistipp: Ist der Vertragspartner ein Unternehmer (B2B) gelten vereinfachte Einbeziehungsvoraussetzungen.

 

Entspricht die Änderungsklausel in den AGB diesen Voraussetzungen und wird es praktisch auch so umgesetzt, wird mit Ablauf der angemessenen Frist die Erklärung (= Zustimmung zu den geänderten AGB) des Verbraucherkunden fingiert.

 

Widerspricht der Kunde jedoch innerhalb der Frist, bleiben die ursprünglichen AGB Vertragsbestandteil mit der Möglichkeit, zum nächst möglichen Termin den Vertrag zu kündigen.

 

Fazit

Wer als Unternehmer nachträglich seine AGB anpassen und ändern will, sollte dies bereits in den ursprünglichen AGB beachten und einen entsprechenden (wirksamen) Änderungsvorbehalt aufnehmen.

 

Denn fehlt ein wirksamer Änderungsvorbehalt in den ursprünglichen AGB, können die AGB nachträglich in der Regel nur noch mit der Zustimmung des Vertragspartners wirksam abgeändert werden.

 

Verweigert der Vertragspartner die Zustimmung beziehungsweise bleibt eine Reaktion in Gänze aus und wurde keine Änderungsklausel aufgenommen, in der die Einwilligungsfiktion enthalten ist, gelten die ursprünglichen AGB für diese Kunden weiter.

 

Das gleiche gilt, wenn der Vertragspartner im Rahmen eines wirksamen Änderungsvorbehalts fristgerecht widerspricht.

 

Die Rechtsfolgen eines Widerspruchs sollten ebenfalls vorab bedacht und entsprechend geregelt werden. Hierbei sollte man sich im Zweifel anwaltlicher Hilfe bedienen.

 

 

Anna Rehfeldt, LL.M.

Rechtsanwältin und externe Datenschutzbeauftragte


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