Image und Reputation sind für Unternehmen ein entscheidender Erfolgsfaktor. Neben der Qualität der Waren und Dienstleistungen, gehört ein positives Ansehen zu einer erfolgreichen Unternehmensstrategie einfach dazu. Ein wesentlicher Faktor stellen hierbei Bewertungen dar. Denn die Meinung anderer Kunden wirkt sich im Regelfall wesentlich stärker auf die Kaufentscheidung aus, als reine Werbung des Unternehmens. Um hier auf Nummer sicher zu gehen, hatte ein Unternehmen in seinen AGB die Klausel aufgenommen, dass eine Bewertung nur dann zulässig sei, wenn die Bewertung vorab vom Unternehmen freigegeben wurde. Ist diese AGB Klausel aber zulässig?
von Rechtsanwältin und externe Datenschutzbeauftragte
Anna Rehfeldt, LL.M.
Hintergrund
Wer nicht wirbt der stirbt – Dieser Leitsatz trifft im digitalen Zeitalter mehr denn je zu. Denn mittlerweile ist Werbung auf unterschiedliche Art und Weise und auf den unterschiedlichsten Kanälen möglich. Neben der klassischen Werbung in Prospekten, Anzeigen in Zeitungen, Plakaten, Flyern und Co. ist die Werbung in den sozialen Medien sowie über Bewertungen auf diversen Plattformen inzwischen ebenfalls Usus.
Praxistipp: Die Werbung in den sozialen Medien bzw. allgemein auf den digitalen Kanälen des Unternehmens kann effizient und kostengünstig gestaltet werden. Wer bei seiner Werbung Influencer mit einbezieht, kann hierdurch auch gezielt die gewünschte Zielgruppe direkt und ohne Streuverluste ansprechen.
Was bei der Werbung durch Influencer zu beachten ist, kann in meinem Beitrag "Influencer als Werbemittel + gratis Download" hier nachgelesen werden.
Eine weitere Möglichkeit für Werbung sind die Bewertungen und Meinungen anderer Kunden. Kundenbewertungen haben mittlerweile einen sehr hohen Stellenwert und können sowohl die Kaufentscheidung für oder gegen ein bestimmtes Produkt oder eine bestimmte Dienstleistung maßgeblich mitbestimmen. Zugleich können Bewertungen von Kunden aber auch auf das Image des Unternehmens starken Einfluss haben.
Praxistipp: Unternehmen sollten regelmäßig überprüfen, ob und in welcher Form Bewertungen über sie abgegeben wurden. Sofern unzutreffende (negative) Bewertungen vorliegen, sollte schnellstmöglich aktiv dagegen vorgegangen werden, um einen Reputationsschaden zu vermeiden. Zum Kontaktformular hier.
Ein Unternehmen wollte präventiv gegen negative Bewertungen vorgehen und hatte in seinen AGB die Klausel aufgenommen (sinngemäß) dass eine Bewertung nur dann möglich sei, wenn die Bewertung zuvor vom Unternehmer geprüft und freigegeben wurde. Ob diese AGB Klausel wirksam war, hatte das Landgericht Koblenz (Az.: 3 HK 19/20) zu entscheiden.
Was ist passiert?
Ein Unternehmen war gewerblich im Bereich Online-Coaching aktiv. In seinen AGB hatte das Unternehmen unter anderem folgende Regelung aufgenommen:
„Bewertungen (Sterne, Kommentare) innerhalb sozialer Medien (z.B. Google My Business) geben die Parteien nur im gegenseitigen Einvernehmen ab.“
Die AGB Klausel lautete weiter: „Auf erstes Anfordern von uns entfernt der Kunde eine über uns abgegebene Bewertung dauerhaft. Das gilt auch nach Beendigung des Vertrages zwischen uns und dem Kunden. Entfernt der Kunde auf erstes Anfordern die von uns beanstandete Bewertung/Kommentar nicht, gilt eine angemessene und von uns festzusetzenden und im Streitfall vom zuständigen Gericht zu überprüfende Vertragsstrafe als verwirkt. (…)"
Die Wettbewerbszentrale ist auf das Unternehmen aufmerksam geworden, unter anderem aufgrund der besonders zahlreichen positiven Bewertungen. Hieraufhin mahnte die Wettbewerbszentrale die Verwendung der AGB Klausel ab und ging gerichtlich gegen das Unternehmen vor.
Die Entscheidung
Das Landgericht Koblenz (Az. 3 HK 19/20) stufte die AGB Klausel als unwirksam ein. Die AGB Klausel schränke das Recht auf freie Meinungsäußerung des Kunden unangemessen ein und sei von daher unzulässig. Das Gericht führt hierzu aus:
„Die angegriffene Klausel ist geeignet, das Recht der Kunden der Beklagten zur Abgabe von Kundenbewertungen, welches verfassungsrechtlich durch das Grundrecht der Meinungsfreiheitnach Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG geschützt ist, einzuschränken.“
Zum Recht auf freie Meinungsäußerung nach Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG gehöre nämlich auch, Produkte und Dienstleistungen, die im Internet angeboten werden, frei bewerten zu können und hiermit andere Kunde über die eigenen Erfahrungen zu informieren.
Achtung: Die Meinungsfreiheit ist nicht schrankenlos gewährt. Wenn Bewertungen falsche
Tatsachenbehauptungen oder Formalbeleidigungen enthalten oder als Schmähkritik anzusehen sind, kann und sollte hiergegen vorgegangen werden. Eine
Checkliste wie bei der Löschung von negativen Bewertungen vorzugehen ist, steht am Ende des Beitrags zum kostenfreien Download
bereit.
Unternehmen müssen jedoch sachlich zutreffende und gerechtfertigte Kritik im Regelfall hinnehmen. Denn insoweit ist der verfassungsrechtlich normierten Meinungsfreiheit Vorrang einzuräumen.
Die AGB Klausel des Unternehmens sei jedoch nach Ansicht des Gerichts geeignet, Kunden daran zu hindern, (negative) Bewertungen abzugeben, auch wenn die Kunden mit (Teilen) der Leistung des Unternehmens tatsächlich nicht zufrieden gewesen sein sollten. Denn nach der AGB Klausel müssten Kunden in diesen Fällen, also bei Unzufriedenheit, erst Kontakt mit dem Unternehmen aufnehmen und Einvernehmen mit diesem herstellen, bevor sie das Unternehmen bewerten können. Das schränke die Meinungsfreiheit unangemessen ein, da Kunden, die dem Vorgehen gemäß der AGB Klausel nicht nachkommen wollen, im Zweifel von der Bewertung gänzlich absehen werden.
Hinzu komme, dass Kunden auch deswegen von der Abgabe einer negativen/ kritischen Bewertung aufgrund der AGB Klausel absehen können, weil sie sich anderenfalls mit der Aufforderung zur Löschung oder der Zahlung einer Vertragsstrafe konfrontiert sehen.
Die ABG Klausel sei somit insgesamt unwirksam, da sie den Vertragspartner (hier: den Kunden) unangemessen benachteilige (§ 307 Abs. 1 BGB) indem sie die verfassungsrechtlich geschützten Freiheiten einschränke und somit nicht mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, zu vereinbaren ist.
Fazit
Unternehmen sind gut beraten, AGB Klauseln, wonach Kunden Bewertungen erst nach Rücksprache mit dem Unternehmen abgeben dürfen, zu vermeiden. Zwar haben Unternehmen ein berechtigtes Interesse daran, unzutreffende negative Bewertungen von vornherein möglichst zu unterbinden. Gleichwohl ist die verfassungsrechtlich geschützte Meinungsfreiheit der Kunden im Zweifel vorranging anzusehen, zumindest solange wie die Bewertungen keine falschen Tatsachenbehauptungen, Schmähkritik und/ oder Beleidigungen enthalten.
Achtung: Die Entscheidung des Landgerichts heißt jedoch nicht, dass sich Unternehmen alles gefallen lassen müssen und sich nicht gegen widerrechtliche negative Bewertungen erfolgreich zur Wehr setzen können. Denn bei unwahren Tatsachenbehauptungen, Formalbeleidigungen sowie bei Schmähkritik hört der Schutz der Meinungsfreiheit auf.
Praxistipp: Widerrechtliche negative Bewertungen auf Plattformen wie Google, Jameda, Trustpilot, Kununu & Co. können meist bereits mit Hilfe der Plattformbetreiber erfolgreich entfernt werden, sofern die Voraussetzungen der jeweiligen AGB der Plattformbetreiber hierfür vorliegen. Anderenfalls kann (und sollte) man sich juristischer Hilfe bedienen.
Bei Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung.
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Anna Rehfeldt, LL.M.
Rechtsanwältin und externe Datenschutzbeauftragte