Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) sind in der Praxis mittlerweile Standard. Zwar besteht grundsätzlich keine Pflicht AGB vorzuhalten, gleichwohl können durch AGB die gesetzlichen Informationspflichten effizient erfüllt und um immer wiederkehrende Fragestellungen einheitlich geregelt werden. Ein für Unternehmer wichtiger Teil ist die Haftung. Kann ich diese in AGB generell ausschließen oder zumindest beschränken und was ist mit einem Haftungsausschluss in AGB bei höherer Gewalt?
von Rechtsanwältin Anna Rehfeldt, LL.M.
Hintergrund
AGB dienen primär dazu die eigenen Geschäftsbedingungen für eine Vielzahl von Verträgen einheitlich zu regeln. Hierdurch wird das Alltagsgeschäft erleichtert, da nicht jeder Vertrag auf’s Neue gesondert ausgehandelt werden muss. Zudem umgeht man durch die Verwendung von AGB auch die Gefahr, einige Regelungsbereich schlicht zu vergessen. Voraussetzung neben der wirksamen Einbeziehung (siehe hierzu meine Blogartikel „AGB - Wenn bereits die Einbeziehung scheitert“ oder "Die wirksame Einbeziehung von AGB in mündliche Verträge") ist jedoch, dass die AGB auch inhaltlich wirksam sind.
Achtung: Werden die AGB bei Verträgen mit Verbrauchern (B2C) verwendet, müssen die AGB den strengen AGB-Vorgaben der §§ 307 ff. BGB stand halten. Bei Verträgen zwischen Unternehmen (B2B) gilt hingegen ein lockerer Prüfungsmaßstab.
In der Praxis sind die Regelungen zur Haftungsbeschränkung in AGB von besonderer Bedeutung. Auf der einen Seite stehen die Interessen des Unternehmers seine Haftung soweit wie möglich auszuschließen oder zumindest zu beschränken. Auf der anderen Seite stehen die Interessen des Vertragspartners, den Unternehmer im Bedarfsfall in Anspruch nehmen zu können. Um für diese Fälle einen Interessenausgleich herzustellen, gilt grundsätzlich (nicht abschließend) folgendes:
-
Ein pauschaler und vollumfänglicher Haftungsausschluss für alle Fallkonstellationen ist in AGB in der Regel unwirksam;
-
Die Haftung für fahrlässiges Verhalten, welches zu einer Verletzung des Leben, des Körpers oder der Gesundheit geführt hat, kann grundsätzlich nicht wirksam in
AGB ausgeschlossen werden, § 309 Nr. 7a, § 310 BGB.
Achtung: Die Haftung für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit kann für diese Konstellationen somit erst Recht nicht ausgeschlossen werden.
-
Die Haftung für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit für sonstige, nicht unter Nr. 2 fallende Schäden kann in AGB ebenfalls grundsätzlich nicht ausgeschlossen oder
beschränkt werden.
Praxistipp: Für diese Fallkonstellationen ist ein Haftungsausschluss bzw. eine Haftungsbeschränkung in AGB für leichte Fahrlässigkeit denkbar.
Achtung: Die Wirksamkeit von AGB-Klauseln bestimmen sich in jedem Einzelfall gesondert und sind insbesondere auch in der Gesamtschau zu bewerten.
Haftungsausschluss in AGB für höhere Gewalt
Eine gängige AGB-Klausel im Zusammenhang mit der Haftung stellt auch der Ausschluss bzw. die Beschränkung bei „höherer Gewalt“ dar. Wie sooft kommt es auch hier auf den konkreten Einzelfall an. Das Landgericht Köln (Az. 26 O 128/17) hatte jedoch u.a. über eine „Höhere-Gewalt-Klausel“ in AGB zu entscheiden, die in der Praxis immer wieder anzutreffen ist. Die AGB-Klausel in dem Verfahren lautete sinngemäß wie folgt:
Wird die Lieferung aufgrund höherer Gewalt oder sonstiger, bei Vertragsschluss nicht vorhersehbarer Ereignisse verzögert, die XYZ nicht zu vertreten hat, wird die Lieferzeit um die Dauer des Leistungshindernisses entsprechend verlängert. XYZ wird den Besteller sowohl über den Eintritt als auch über die voraussichtliche Dauer des Hindernisses unverzüglich informieren. Wird die Leistung aufgrund eines in Satz 1 benannten Ereignisses für XYZ unmöglich oder unzumutbar, kann XYZ vom Vertrag zurücktreten.
Das LG Köln hat diese AGB-Klauseln für unwirksam erklärt. Die AGB-Klausel verlängert in der vorliegenden Form die Lieferzeit uneingeschränkt auf einen unbestimmten Zeitpunkt in der Zukunft. Dies widerspreche dem Bestimmtheitsgebot, da der Vertragspartner die eigentliche Lieferfrist nicht erkennen bzw. berechnen könne.
Achtung: Das gilt auch für andere Fallkonstellationen, in denen pauschal und (zu) unbestimmt die Haftung bzw. die Leistungspflicht bei höherer Gewalt ausgeschlossen wird. Andersherum folgt hieraus aber auch, dass „Höhere-Gewalt-Klauseln“ in AGB nicht pauschal unwirksam sind. Vielmehr können diese insbesondere bei Beachtung des Bestimmtheits- und Transparenzgebotes und der sonstigen AGB-Regelungen wirksam sein
Fazit
AGB-Klauseln sind immer ein heikles Thema und stellen in der Praxis Fluch und Segen zugleich dar. Hinsichtlich der Haftung kann man sich als Faustformel merken, dass eine Haftung für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit in AGB in der Regel nie ausgeschlossen werden kann. Das gilt auch für Haftungsausschlüsse nach dem Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) oder für die Verletzung von Kardinalspflichten. Demgegenüber können Haftungsbeschränkungen bei Verletzungen von vertraglichen Nebenpflichten oder eine Begrenzung der Haftung auf den bei Vertragsschluss typischerweise vorhersehbaren Schaden begrenzt werden. Eine Haftungsbeschränkung bei höherer Gewalt ist in engen Grenzen ebenfalls grundsätzlich möglich.
Anna Rehfeldt, LL.M.
Rechtsanwältin