Wer eine Abmahnung erhalten hat, wird in der Regel zugleich auch zur Abgabe einer strafbewehrten Verpflichtungs- und Unterlassungserklärung aufgefordert. Bei einer berechtigten Abmahnung kann hierdurch die Wiederholungsgefahr ausgeräumt werden, die durch den erstmaligen Verstoß bereits begründet wurde. Wird nach Abgabe dann jedoch gegen die Unterlassung- und Verpflichtungserklärung verstoßen, wird die Vertragsstrafe verwirkt, das heißt man muss zahlen. Es sein denn, die Vertragsstrafe ist missbräuchlich!
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Hintergrund
Eine rechtsmissbräuchliche Vertragsstrafe ist in zwei Richtungen denkbar. Einerseits kann bereits die Geltendmachung der Vertragsstrafe missbräuchlich sein.
So hat der BGH (Az. I ZR 45/11) entschieden, dass die Geltendmachung einer Vertragsstrafe gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen und somit missbräuchlich sein kann, wenn die Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung (rechtlich handelt es sich hierbei um einen Vertrag) aus wichtigem Grund gekündigt wurde.
Teilweise wird auch bereits die bloße Möglichkeit einer solchen Kündigung für ausreichend angesehen, um gegen die Geltendmachung der Vertragsstrafe den Einwand des Rechtsmissbrauchs erheben zu können. Darüber hinaus kann die Geltendmachung der Vertragsstrafe auch in den Fällen unzulässig sein, in denen der Unterlassungsanspruch unzweifelhaft, zum Beispiel nach Änderungen der Gesetzeslage, nicht mehr besteht.
Andererseits kann die Geltendmachung der Vertragsstrafe aber auch dann rechtsmissbräuchlich sein, wenn die der Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung zu Grunde liegende Abmahnung bereits missbräuchlich war.
Das Kammergericht (Az. 5 U 163/15; 5 W 27/16) hat hierzu entschieden, dass nicht nur der Unterwerfungsvertrag bei einer missbräuchlichen Abmahnung aus wichtigem Grund gekündigt werden kann. Vielmehr kann auch bereits vor Kündigung der Geltendmachung der Vertragsstrafe der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegengehalten werden.
Die gesetzliche Regelung in § 8 Abs. 4 UWG soll nicht nur eine Bereicherung durch die Abmahnung verhindern. Vielmehr soll durch diese Regelung zugleich auch ein Ausgleich zur bestehenden weitreichenden Berechtigung für Abmahnungen geschaffen werden.
Da nach dem UWG eine Abmahnung für einen einzigen Wettbewerbsverstoß durch eine Vielzahl von Berechtigten ausgesprochen werden kann, muss die damit für den Abgemahnten einhergehende Belastung korrigiert werden. Werden durch die Abmahnung missbräuchlichen und sachfremde Ziele verfolgt, kann der Abmahnung bereits der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegengehalten werden.
Das muss nach Ansicht des Kammergerichts in der Folge dann auch für die Vertragsstrafe gelten. Denn es sei widersinnig die Kosten für die Abmahnung dem Abmahnenden zu versagen. Die weitaus höheren Kosten der Vertragsstrafe ihm aber zuzubilligen.
Fazit
Wer berechtigt eine Abmahnung erhalten hat, muss auch die Kosten für die Abmahnung tragen und dem Unterlassungsanspruch nachkommen. Andererseits sind bei einer missbräuchlichen Abmahnung weder die Kosten der Abmahnung noch die der darauf gestützten Vertragsstrafe zu zahlen. Der Rechtsmissbrauch der Abmahnung wirkt somit bis zur Vertragsstrafe fort. Darüber hinaus kann die Geltendmachung der Vertragsstrafe auch dann rechtsmissbräuchlich sein, wenn der Unterlassungsvertrag aus wichtigen Grund bereits gekündigt wurde oder gekündigt werden kann, wobei letzteres umstritten ist.
Bei Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung!