Abmahnung: Informationspflichten im Onlinebusiness richtig umsetzen

Start Up’s und Unternehmen, die online mit Verbrauchern Verträge schließen (B2C), haben eine Vielzahl von Informationspflichten zu erfüllen. Neben den klassischen Widerrufsbestimmungen, kommen auf Unternehmen auch noch weitere Informationspflichten hinzu, beispielsweise zur Online-Streitbeilegungsplattform (OS-Link) oder dem Pflichtenkanon aus Art. 246a EGBGB. Komplettiert werden die Abmahnrisiken aufgrund von fehlenden oder fehlerhaften Informationspflichten noch dadurch, dass die Informationspflichten nicht nur für den Onlineshop oder die eigene Homepage greifen. Vielmehr gelten diese insbesondere auch für Verträge über Social Media, wenn die Voraussetzungen vorliegen.

 

von Rechtsanwältin und externe Datenschutzbeauftragte

Anna Rehfeldt, LL.M


Hintergrund

Viele Start Up’s und Unternehmen machen sich gerade zu Beginn ihrer Unternehmung kaum Gedanken über die diversen Informationspflichten, die auf sie zukommen könnten.

 

Stehen AGB, Vertragsmuster und Widerrufsbelehrung + Widerrufsformular noch auf der Agenda vieler Start Up’s und Unternehmen, hört es bei der Vielzahl damit aber auch schon auf.

 

Achtung: Dies kann im Ergebnis zu teuren Abmahnungen und rechtlichen Auseinandersetzungen führen.

 

Neben den Widerrufsbestimmungen, greift aber gerade im Onlinebusiness noch eine ganze Palette an weiteren Informationspflichten, die Verbrauchern vor, bei oder nach Vertragsschluss zur Verfügung gestellt werden müssen. Als Beispiele können etwa der OS-Link oder die Angabe zur Vertragssprache in AGB genannt werden.

 

Wann greifen die Informationspflichten?

Die hier thematisierten Informationspflichten greifen grundsätzlich dann, wenn rechtlich von einem Fernabsatzvertrag auszugehen ist. Das heißt, der Vertrag wurde unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln (z.B. Telefon, E-Mail, Fax) geschlossen.

 

Was gilt aber bei atypischen Onlinegeschäften, wie zum Beispiel bei Reservierungsangeboten für Waren über die Webseite oder den Social Media Account? Greifen auch in diesen Fällen die Informationspflichten zum Fernabsatz? Dies soll am Beispiel einer verbindlichen Onlinereservierung erläutert werden, wobei der Vertragsschluss selbst, dann vor Ort im Unternehmen erfolgte.

 

Was ist passiert?

Ein Unternehmen bewarb online einen Whirlpool zu einem Verkaufspreis von fast 39.000 Euro. Die Werbung wurde noch vor dem eigentlichen Verkaufsstart online gestellt. Interessierte Kunden konnten sich über das Kontaktformular des Unternehmens einen Whirlpool in unterschiedlicher Art und Weise reservieren. Zum einen konnte eine unverbindliche Reservierung erfolgen, bei der es im Falle eines Kaufes sodann 5% Rabatt gab. Zum anderen konnte aber auch gleich eine verbindliche Reservierung beim Unternehmen vorgenommen werden, wobei es hierfür sogar 10% Rabatt auf den späteren Kaufpreis gab. In beiden Fällen wurden allerdings vom Unternehmen nicht die gesetzlichen Informationspflichten für den Fernabsatz erteilt. Zu Recht?

 

Verbindliche Reservierung als Fernabsatz?

Ob im Fall einer verbindlichen Reservierung die Informationspflichten zu erfüllen sind hängt maßgeblich von der Frage ab, ob die verbindliche Reservierung rechtlich als Fernabsatz zu werten ist. Bejahendenfalls müssen auch in diesen Fällen grundsätzlich die Informationspflichten erfüllt werden.

 

Nach dem Willen des Gesetzgebers sind Fernabsatzverträge solche Verträge, bei denen ein Unternehmer und ein Verbraucher (B2C) für die Vertragsverhandlungen und für den Vertragsabschluss ausschließlich Fernkommunikationsmitteln verwenden.

 

Achtung: Eine Ausnahme ist dann anzunehmen, d.h. ein Fernabsatzgeschäft (inkl. Informationspflichten) ist zu verneinen, auch wenn bei Vertragsschluss ausschließlich Fernkommunikationsmittel genutzt wurden, wenn der Unternehmen kein entsprechend organisiertes Vertriebssystem hat.

 

Im obigen Fall ist somit die Frage entscheidend, ob die verbindliche Reservierung ein Vertragsschluss unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmittel ist und ob dies sodann auch im Rahmen eines entsprechend organisierten Vertriebssystems erfolgt.

 

Die Entscheidung

Das Oberlandesgericht Frankfurt (Az. 6 U 181/19) nimmt bei einer verbindlichen Reservierung, inkl. einem höheren Rabatt als bei einer unverbindlichen Reservierung, einen Vertragsschluss im Sinne eines Fernabsatzgeschäfts an. Nachdem der Verbraucher-Kunde die verbindliche Reservierung an das Unternehmen geschickt hatte, bekam dieser (der Verbraucher) eine E-Mail, in der die Reservierung bestätigt werden sollte.

Die E-Mail beinhaltete zudem „wichtige Informationen“ innerhalb derer auch die AGB des Unternehmens standen. Die AGB sollte der Verbraucher-Kunde ebenfalls bestätigen.

 

Praxistipp: AGB sind zwar rechtlich keine Pflicht und gehören auch nicht zu den gesetzlichen Informationspflichten. Im Rahmen der AGB kann man als Unternehmen aber zweckmäßig auch die gesetzlichen Pflichtinformationen aufnehmen, neben den weiteren Regelungsmöglichkeiten.

 

In den AGB hatte das Unternehmen nun aber bestimmt, dass im Fall einer Reservierung kein Fernabsatzvertrag liegen soll. Vielmehr komme ein Vertrag (laut AGB) erst vor Ort bei dem persönlichen Verkaufsgespräch zu Stande.

 

Achtung: Unabhängig von der Frage, ob eine solche Regelung in AGB überhaupt möglich ist, war die Zusendung der AGB erst in der E-Mail nach Absenden der Reservierung schlicht zu spät, um diese wirksam einbeziehen zu können. Die AGB im Rahmen der „wichtigen Informationen“ wurden hier also zu spät zur Verfügung gestellt, sodass sie schon deswegen nicht gelten konnten.

 

Inhaltlich wäre eine solche AGB-Klausel aber auch unwirksam gewesen. Denn in diesem Fall handelte es sich laut Gericht um eine überraschende Klausel, die nicht Bestandteil des Vertrages wird.

 

Praxistipp: Überraschende AGB Klauseln sind derart ungewöhnliche Bestimmungen, mit denen der Vertragspartner nach den Umständen bei Vertragsschluss nicht rechnen braucht.

 

Im vorliegenden Fall bejahte das Gericht das Vorliegen einer derart überraschenden AGB-Klausel. Denn der Kunde erwarte bei einer verbindlichen Reservierung inkl. einem 10%igen Rabatt, dass er bereits einen Vertrag abschließt. Eine AGB Klausel, die dieser Erwartung widerspreche, sei überraschend und somit nicht Vertragsbestandteil.

 

Schlussendlich umgehe die Regelung in den AGB des Unternehmens auch in unzulässiger Weise die gesetzlich zwingende Verbraucherschutz- Bestimmung des §312k BGB und sei auch deswegen unbeachtlich.

 

Fazit

Start Up’s und Unternehmen, die online Reservierungen anbieten, sollten genau prüfen, ob die Reservierung rechtlich bereits einen Vertragsschluss mit der Folge darstellt, dass sämtliche einschlägigen Informationspflichten zu erfüllen sind. Bejahendenfalls sollte dann auch darauf geachtet werden, dass die Informationspflichten richtig und rechtzeitig erfüllt werden.

 

 

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Anna Rehfeldt, LL.M. 

Rechtsanwältin und externe Datenschutzbeauftragte