Abmahnung wegen Bewertungsanfragen per E-Mail

Die Bewertungen von Kunden sind für Unternehmen immens wichtig. Positive Bewertungen wirken sich nicht nur positiv auf das Image des Unternehmens aus. Vielmehr stellen positive Bewertungen zugleich auch eine gute Werbung für die eigenen Produkte dar. Potenzielle Kunden lassen sich von Bewertungen mehr denn je beeinflussen, sodass positive Bewertungen für Unternehmen einen erheblichen Wert darstellen. Ist die Transaktion aber abgeschlossen, geben nicht alle Kunden auch automatisch eine Bewertung ab. Da scheint eine Anfrage per E-Mail naheliegend. Das kann jedoch in einer kostenpflichtigen Abmahnung enden.

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Hintergrund

Nach Abschluss einer Transaktion, egal ob über eine Verkaufsplattform oder über den eigenen Onlineshop, fordern Händler den Kunden oftmals dazu auf, eine positive Bewertung abzugeben. Allerdings kann diese Anfrage per E-Mail rechtlich als "unzumutbare Belästigung" (= Spam) gewertet werden mit der Folge, dass der Händler hierfür abgemahnt werden kann. Denn die unaufgeforderte Zusendung von Werbung ist ohne (wirksame) Einwilligung des Empfängers der E-Mail rechtlich unzulässig. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigt.

 

Was ist passiert?

Ein Kunde kaufte über den Shop des Händlers auf einer Verkaufsplattform ein Produkt. Kurz nach dem Kauf wurde dem Kunden die Rechnung per E-Mail zugesandt. In dieser E-Mail war, neben der Rechnung, allerdings zugleich auch noch auszugsweise folgende Anfrage enthalten:

 

(…) Deshalb bitten wir Sie darum, wenn Sie mit unserem Service zufrieden waren, uns für Ihren Einkauf eine 5-Sterne Beurteilung zu geben. (…) Zur Bewertung: über folgenden Link einfach einloggen und eine positive 5-Sterne Beurteilung abgeben. (…)“

 

Durch diese E-Mail fühlte sich der Kunde belästigt und ging gerichtlich dagegen vor.

 

Die Entscheidung

Der BGH (Az. VI ZR 225/17) hat die E-Mail des Händlers als unzulässige Werbung eigestuft und dem Kunden im Ergebnis Recht gegeben.

Als Werbung gelten grundsätzlich sämtliche Maßnahmen eines Unternehmens, die auf die Förderung des Absatzes der Waren oder Dienstleistungen ausgerichtet sind. Hierzu zählen sowohl die direkte als auch die indirekte Werbung. Indirekte Werbung können beispielsweise Imagekampagnen oder sonstige Informationen sein, wenn diese (auch) auf die Absatzförderungen abzielen.

 

Nach Ansicht des BGH ist die Bewertungsanfrage per E-Mail als absatzfördernde Maßnahme im vorbenannten Sinn anzusehen. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass die Werbung zusammen mit der Rechnung versandt wurde. Werbung bleibt Werbung.

Denn mit der Bewertung wolle der Verkäufer seinen Kunden zumindest auch an sich binden und diesen für zukünftige Geschäftsabschlüsse akquirieren. Nach Ansicht des Gerichts stellt die Bewertungsanfrage somit zwar keine direkte Werbung dar. Allerdings werde hierdurch dem Käufer das Gefühl vermittelt, dass der Verkäufer auch noch nach Abschluss der Transaktion um den Kunden bemüht ist. Hierdurch bringe sich der Verkäufer beim Käufer in Erinnerung, was für den BGH als Kundenbindungsmaßnahme, mithin als Werbung angesehen wird.

 

Werbung ist jedoch nicht per se unzulässig. Denn gemäß § 7 UWG (Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb) ist eine Werbung unter anderem dann zulässig, wenn der Kunde hierin zuvor wirksam eingewilligt hat. Hätte sich der Verkäufer also vorab eine Einwilligung eingeholt, hätte er den Kunden in der E-Mail auch um eine Bewertung bitten dürfen.

 

Praxistipp: Neben der Einwilligung kann Werbung per E-Mail in eng begrenzten Ausnahmefällen nach § 7 Abs. 3 UWG auch dann zulässig sein, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:

 

1. Der Unternehmer hat im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von dem Kunden dessen elektronische Postadresse erhalten,

 

2. Der Unternehmer die Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwendet,

 

3. der Kunde der Verwendung nicht widersprochen hat und

 

4. der Kunde bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen wird, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.

 

Achtung: Diese Voraussetzungen müssen nebeneinander/ kumulativ vorliegen!

 

Im vorliegenden Fall greift diese Ausnahme jedoch nicht. Denn selbst wenn unterstellt wird, dass der Verkäufer die E-Mailadresse des Kunden aufgrund der Bestellung erhalten hat, so hat er ihn jedoch zumindest nicht darüber informiert, dass dem Käufer ein Widerspruchsrecht zusteht.

 

Im Ergebnis stellte der BGH somit fest, dass es sich bei der Bewertungsanfrage per E-Mail um Werbung handele, die mangels wirksamer Einwilligung unzulässig war.

 

Achtung: Anzumerken ist insoweit, dass der Kläger vorliegend nicht direkt über das UWG die Unterlassung verlangen konnte, da es kein Mitbewerber und auch kein sonstiger Berechtigter im Sinne des Wettbewerbsrechts war. Zu dem Ergebnis kam der BGH aber über die Annahme der Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Kunden aus Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG. Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst unter anderem auch die Freiheit, seine private Lebensgestaltung frei und ohne ungewollte Einwrikungen zu bestimmen und vor unerwünschte Einflussnahmen geschützt zu sein.

 

Der BGH stellte allerdings auch fest, dass es sich bei der vorliegenden Bewertungsanfrage per E-Mail, die zusammen mit der Rechnung versandt wurde, um eine eher geringe Eingriffsintensität handelt. Der Kunde hätte die Anfrage schlicht und einfach ignorieren können. Gleichwohl konnte eine Belästigung dennoch nicht in Gänze ausgeschlossen werden, da der Käufer sich zumindest gedanklich damit befassen musste.

 

Fazit

Bewertungsanfragen per E-Mail in Verbindung mit dem Versand der Rechnung stellen zwar einen schnellen und kostengünstigen Weg dar, um an positive Bewertungen zu kommen. Dieses Argument spricht in der Abwägung mit dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht allerdings eher gegen den Unternehmer. Denn nach Ansicht des BGH birgt gerade der Umstand der geringen Kosten und die Möglichkeit derartige Anfragen zu automatisieren die Gefahr, dass dies zu einer Sitte verfällt und erhebliche Ausmaße annimmt. Der BGH hat dieser Gefahr nunmehr einen Riegel vorgeschoben.

 

Bei Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

 

Anna Rehfeldt, LL.M.
Rechtsanwältin und externe Datenschutzbeauftragte