Rückruf von Produkten wegen Verstößen gegen Kennzeichnungspflichten

Wettbewerbsverstöße haben oftmals zunächst eine kostenpflichtige wettbewerbsrechtliche Abmahnung zur Folge. Gibt der Betroffene hieraufhin eine strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung ab, führt ein erneuter Verstoß zum einen zur sogenannten Verwirkung der Vertragsstrafe und zum anderen wird hierdurch ein weiterer abmahnfähiger Wettbewerbsverstoß begründet. Wie weit reicht aber der Unterlassungsanspruch? Der BGH hat hierzu nunmehr Grenzen gesetzt.

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Hintergrund

Wer aufgrund eines Verstoßes gegen wettbewerbsrechtliche Regelungen  abgemahnt wurde und daraufhin eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgibt oder wer aufgrund eines gerichtlichen Urteils hierzu verpflichtet ist, muss zunächst einmal alles unterlassen, was einen erneuten Verstoß begründen würde und zudem auch präventiv Maßnahmen ergreifen, die im konkreten Einzelfall erforderlich und zumutbar sind, um

zukünftige Verstöße zu verhindern. Ansonsten kann es zur erwähnten Verwirkung der Vertragsstrafe kommen, das heißt es muss gezahlt werden oder der erneute Verstoß führt zu einem Ordnungsgeld. Ob darüber hinaus aus der Unterlassungspflicht auch ein Beseitigungsanspruch für bereits in den Verkehr gebrachte Produkte folgt, hatte nun der BGH zu entscheiden.

 

Was ist passiert?

Ein Unternehmen vertrieb seine Produkte unter einer bestimmten Bezeichnung, die jedoch wettbewerbsrechtlich unzulässig war. In Folge dessen wurde dem Unternehmen gerichtlich untersagt, die betroffenen Produkte unter dem (wettbewerbswidrigen) Namen weiter in den Verkehr zu bringen.

Gleichwohl waren nach dem Urteil noch weiterhin einige Produkte unter der verbotenen Bezeichnung in stationären Geschäften erhältlich. Daraufhin wurden gegen das Unternehmen Ordnungsmittel beantragt, da es gegen die

Unterlassungspflicht verstoßen habe.

In zweiter Instanz wurde dann tatsächlich ein Ordnungsgeld in Höhe von 45.000 € gegen das Unternehmen verhängt, da es keine Maßnahmen ergriffen habe um die Produkte aus den stationären Geschäften zurück zu rufen. Das wäre aber nach Ansicht des Gerichts aufgrund des Unterlassungsanspruchs aber erforderlich gewesen, sodass das Unterlassen zum Ordnungsgeld führe.

 

Die Entscheidung

Der BGH (Az. I ZB 34/15) schloss sich dieser Ansicht an. Der BGH konkretisierte in seiner Entscheidung, dass der Unterlassungsanspruch zugleich auch einen Beseitigungsanspruch impliziere, wonach der Unterlassungsschuldner nicht nur die verbotene Handlung zu unterlassen habe, sondern auch ihm mögliche und zumutbare Handlungen zur Beseitigung des Störungszustandes vornehmen müsse.

Spiegelbildlich kann der Gläubiger mit dem Unterlassungstitel zugleich die Beseitigung verlangen

 

Es komme nach Ansicht des BGH auch nicht darauf an, ob ein Unterlassungs- oder ein Beseitigungsanspruch oder beide zusammen geltend gemacht werden. Allein aufgrund des Unterlassungstitels muss der Schuldner dafür sorgen, dass bereits im Verkehr befindliche Waren, nicht weiter vertrieben werden, indem er diese zum Beispiel zurückruft.

Der BGH lässt auch nicht deshalb eine Ausnahme zu, weil die Schuldnerin rechtlich keine Grundlage hatte, von den stationären Geschäften die Rückgabe zu verlangen. Die Schuldnerin hätte es zumindest (nachweislich)

versuchen müssen, was vorliegend jedoch nicht der Fall war.

 

Fazit

Mit der Entscheidung setzt der BGH (weite) Grenzen zum Umfang von Unterlassungsansprüchen. Bis dahin wurden hierzu unterschiedliche Ansichten zwischen den Oberlandesgerichten vertreten. So entschied das OLG Frankfurt zum Beispiel, dass keine Pflicht zum Rückruf bestehe. Die OLG Köln und München gingen hingegen von einer Pflicht zum Rückruf aus.

 

Für den Unterlassungsschuldner hat das Urteil des BGH weitreichende Folgen. Er muss nunmehr im Rahmen seiner Unterlassungspflicht nicht nur unternehmensinterne Maßnahmen ergreifen um seiner Pflicht nachzukommen (Rundschreiben, Vertriebsstopp etc.).

Darüber hinaus muss er nach Ansicht des BGH auch alle belieferten Händler zur Rückgabe der betroffenen Produkte zumindest auffordern, was aus Beweisgründen schriftlich erfolgen sollte.

 

Praxistipp: Zwar erweitert das Urteil die Pflichten von Unterlassungsschuldnern erheblich. Grenzenlos ist die Pflicht gleichwohl nicht. Die Beseitigung muss dem Schuldner auch möglich und zumutbar sein, was im Einzelfall natürlich wieder variieren kann.

Das Anschreiben an belieferte Händler, mit der Aufforderung zur Rückgabe, dürfte jedoch stets zumutbar sein. Auch wenn hierdurch unter Umständen lange Geschäftsbeziehungen gestört werden könnten.

 

In der Praxis sollten Unternehmen von daher ihre Verpackungen und Produkte auf ihre Rechtmäßigkeit hin, vorab prüfen (lassen).

Insbesondere die allgemeinen Pflichtinformationen oder die besonderen Kennzeichnungspflichten, etwa für Bauprodukte, Lebensmittel, Arzneimittel, Textilien etc. sollten beachtet und eingehalten werde.

 

Achtung: Für Bauprodukte ergeben sich zum 01.07.17 neue Kennzeichnungspflichten nach der Bauprodukteverordnung (BauPVO)

 

Bei Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung!