Urheberrechte an technischen Beschreibungen?

Angebotsunterlagen beinhalten insbesondere im Baubereich, aber auch für die Erstellung einer Webseite, eines Design oder im Bereich von Architektenleistungen umfangreiche Angaben zu den einzelne Leistung. Zum Teil sind bereits im Angebot selbst, technische Ausführungen, Zeichnungen und Abbildungen enthalten. Können diese Unterlagen durch den Kunden oder der Konkurrenz ungefragt verwendet werden? Oder bestehen urheberrechtliche Ansprüche des Anbieters an den Angebotsunterlagen?

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Hintergrund

Nach dem Urhebergesetz bestehen Ansprüche des Urhebers auf Unterlassung, Schadensersatz, Auskunft unter anderem dann, wenn das Werk die sogenannte „Schöpfungshöhe“ erreicht hat. Ob und wann dies der Fall ist, ist vom jeweiligen Einzelfall abhängig und muss unter Berücksichtigung der Art des Werks, dem Verwendungszweck und der Gestaltungsmöglichkeiten bestimmt werden. 

Angebotsunterlagen, die technische Beschreibungen enthalten oder bereits Texte beinhalten, die für die Erstellung der Homepage verwendet werden sollen, können grundsätzlich als Schriftwerke Urheberrechtsschutz genießen. Vorausgesetzt, die oben genannte Schöpfungshöhe wird erreicht.

 

Was ist passiert?

Ein Unternehmer warb auf seiner Homepage mit Leistungen wie zum Beispiel „Beratung – Hallenbau“ und „Produktion – Stahlhalle“. Die genaue Beschreibung der jeweiligen Leistungsinhalte war vorrangig auf technische Angaben beschränkt. Allerdings hatte der Unternehmer diese technischen Angaben unmittelbar von der Webseite eines Mitwerbers entnommen, ohne diesen vorab um Erlaubnis zu fragen.

Nach Ansicht des Mitbewerbers verstößt der Unternehmer durch die unbefugte Übernahme der technischen Ausführungen gegen dessen Urheberrechte und mahnte diesen kostenpflichtig ab. Der Unternehmer bestritt u.a. den Urheberschutz der Texte, da die erforderliche Schöpfungshöhe nicht erreicht werde.

 

Die Entscheidung

Das Landgericht Hamburg (Az. 308 O 159/11) bejahte die Schöpfungshöhe der technischen Ausführungen und sprach dem Kläger den geltend gemachten Unterlassungsanspruch zu.

Die Anforderungen an die Urheberrechtsfähigkeit von Werken, insbesondere in Bezug auf die Schöpfungshöhe sei nicht sehr hoch anzusetzen. Entsprechend den Vorgaben des BGH zur Schutzfähigkeit von Werken „kleiner Münze“ sei die Schutzfähigkeit bereits bei einem geringen Grad individueller Gestaltung vom Schutz auszugehen.

Es könne zwar nicht pauschal bestimmt werden, wann die individuelle und schöpferische Eigenleistung die Grenze erreicht.

Jedenfalls erreichten aber im vorliegenden Fall die technischen Ausführungen die Grenze der Schöpfungshöhe, sodass das Urheberschutz bestehe.

Der beklagte Unternehmer konnte sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er die Texte ausreichend verändert habe und somit eine freie Benutzung auch ohne Zustimmung möglich gewesen sei.

 

Praxistipp: Nach dem Urhebergesetz ist zwischen der (nicht zustimmungspflichtigen) freien Benutzung und der (zustimmungspflichtigen) unfreien Bearbeitung zu unterscheiden (vgl. §§ 23, 24 UrhG). Bei der unfreien Bearbeitung ist in dem „neuen“ Werk das ursprüngliche Werk zumindest noch dem Grunde nach zu erkennen. Die Veröffentlichung (nicht zwingend auch die Herstellung) bedarf in diesem Fall der Zustimmung des Urhebers.

 

Achtung: Handelt es sich um die Ausführung von Plänen und Entwürfen eines Werkes der bildenden Künste oder um den Nachbau eines Werkes der Baukunst so bedarf bereits das Herstellen der Bearbeitung oder Umgestaltung der Einwilligung des Urhebers. Eine freie Benutzung scheidet bei Musikwerken in der Regel aus.

 

Vorliegend waren die Texte des beklagten Unternehmens nicht hinreichend verändert, sodass von einer unfreien und somit zustimmungspflichtigen Bearbeitung und Veröffentlichung auszugehen war.

 

Fazit

Die Anforderungen an die Schöpfungshöhe sind relativ niedrig. Insbesondere durch die geänderte Rechtsprechung des BGH zur Schutzfähigkeit von Werken der sogenannten „kleinen Münze“ ist die Grenze relativ schnell erreicht.In diesem Zusammenhang können auch technische Beschreibungen und Angebote urheberrechtlich geschützt sein, wenn sie einen gewissen Grad an individueller, eigenständiger und schöpferischer Leistung erkennen lassen. Dem Urheber (= Ersteller des Angebotes/ der Texte) stehen dann die entsprechenden urheberrechtlichen Ansprüche zu.Achtung: Auch AGB können urheberrechtlich geschützt sein!

 

Bei Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.