„Konkurrenz belebt das Geschäft“ - Im Kampf um Kunden sind neben Werbung, Innovationen und Preisen auch schnelle und qualitativ hochwertige Leistungen das A und O. Grundlage jedes Unternehmens sind die eigenen Mitarbeiter. Qualifizierte Arbeitnehmer liefern gute Arbeit, was Kunden mit Folgeaufträgen und Bestellungen belohnen. Was aber, wenn die eigenen Angestellten plötzlich selbst zur Konkurrenz werden? Arbeitgeber haben hier verschiedenen Möglichkeiten!
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Hintergrund
Im laufenden Arbeitsverhältnis ist es Arbeitnehmern untersagt in Konkurrenz zum eigenen Arbeitgeber zu treten. Das gilt auch dann, wenn im Arbeitsvertrag ein Wettbewerbsverbot nicht ausdrücklich vereinbart wurde.
Im Handelsgesetzbuch (HGB) ist das in §§ 60, 61 geregelt. Entgegen dem Wortlaut der Vorschriften, greifen sie auch im „normalen“ Arbeitsverhältnis.
Arbeitnehmer dürfen demnach während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses keine Umsatzgeschäfte im Handelszweig des Arbeitgebers machen oder Leistungen in diesem Bereich gegenüber Dritten anbieten.
Verstößt eine Arbeitnehmer gegen dieses Verbot, drohen verschiedene Konsequenzen:
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Arbeitsrechtlich kann die Konkurrenztätigkeit zur außerordentlichen und fristlosen Kündigung führen (§ 626 BGB)
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Der Arbeitgeber kann daneben Schadensersatzansprüche aus § 61 HS 1 HGB herleiten oder
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den Erlös von der vertragswidrigen Tätigkeit vom Arbeitnehmer herausverlangen, § 61 HS 2 HGB.
Das Wahlrecht zwischen Nr. 2 und 3 steht dem Arbeitgeber zu. Er kann also entweder alle konkret bezifferbaren Schäden aus der Konkurrenztätigkeit des Arbeitnehmers von diesem ersetzt verlangen oder das sog. „Eintrittsrecht“ geltend machen. In zweiten Fall kann er die verbotswidrigen Geschäfte des Arbeitnehmers auf das eigenen Unternehmen übertragen. Die Geschäfte des Arbeitnehmers gelten dann als auf Rechnung des Arbeitgebers gemacht.
Was ist passiert?
Eine Arbeitnehmerin war als Steuerfachangestellte bei der Arbeitgeberin, einer Steuerberatungskanzlei, beschäftigt. Sie führte hierbei u.a. die Lohn- und Finanzbuchhaltung aus.
Die Mutter der Arbeitnehmerin hatte ein eigenes Buchhaltungsbüro, dass vom Arbeitsort entfernt war. Zwar wurden in dem Buchhaltungsbüro der Mutter zum Teil die gleichen Leistungen erbracht wie in der Kanzlei. Ein identischer Kundenstamm lag jedoch nicht vor. Da die Mutter den Arbeitsaufwand allein nicht mehr schaffte, half die Tochter aus. Hierfür meldet sie ein eigenes Gewerbe an. Von 2009 bis 2013 fielen 1869 Arbeitsstunden an.
Nachdem die Arbeitgeberin von der Tätigkeit erfuhr, kündigte sie das Arbeitsverhältnis. Hiergegen klagte die Arbeitnehmerin.
Das zunächst damit befasste Arbeitsgericht Braunschweig wies die Kündigungsschutzklage ab und verurteilte die Arbeitnehmerin im Wege der Widerklage zur Auskunft über Art und Umfang der Nebentätigkeit sowie über die vereinnahmte Vergütung. Nach Angaben der Klägerin erhielt sie für die Tätigkeiten Vergütungen in Höhe von insgesamt über 46.400,00 €.
Diese Summe verlangte die Arbeitgeberin nun im Wege des Eintrittsrechts gemäß § 61 HS 2 HGB von der Klägerin heraus. Die Klägerin verweigerte dies mit der Begründung, dass die Arbeitgeberin nur regional tätig sei und keine Kunden abgeworben wurden. Die Tätigkeiten seien deshalb nicht als Konkurrenztätigkeit anzusehen. Hilfsweise müsse aber zumindest der Arbeitsaufwand mindernd berücksichtigt werden. Hätte sie nämlich die Arbeiten von Anfang an für die Arbeitgeberin ausgeführt, hätte diese ihr die Vergütung zahlen müssen.
Die Entscheidung
Das LAG Niedersachsen (Az. 7 Sa 1690/14) folgte der Ansicht der Arbeitnehmerin nicht. Die Arbeitnehmerin trat durch ihre Tätigkeiten in Konkurrenz zur Arbeitgeberin, sodass sie die vereinnahmten Zahlungen herausgeben müsse.
Eine Konkurrenztätigkeit liege auch dann vor, wenn die Leistungen nicht im unmittelbaren Einzugsgebiet der Arbeitgeberin erbracht werden. Die Arbeitnehmerin habe Leistungen angeboten, die zum Geschäftsfeld der Arbeitgeberin gehören. Der Schutz vor Konkurrenz durch eigene Arbeitnehmer umfasst auch Konstellationen, bei denen nicht unmittelbar Kunden abgeworben werden. Weder die Entfernung zum Büro der Mutter, noch die langjährige Bindung der bestehenden Kunden können an dem umfassenden Schutz etwas ändern.
Auch der hilfsweise vorgebrachte Einwand der Minderung, wurde durch das Gericht abgelehnt. Gemäß § 61 HS 2 HGB muss die Arbeitnehmerin die verbotswidrig erlangte Vergütung vollständig herausgeben. Der Zeit- und Arbeitsaufwand der verbotenen Konkurrenztätigkeit sei gerade keine vergütungspflichtige Leistung der Arbeitnehmerin. Das Wettbewerbsverbot würde leer laufen, wenn Arbeitnehmer die Zeit für verbotene Tätigkeiten anrechnen könnten.
Fazit
Die Entscheidung kann auch auf andere Branchen übertragen werden. So kommen insbesondere im Baubereich zunehmend „Solo-Selbstständige“ auf den Markt. Besteht in diesem Fall auch ein Arbeitsverhältnis in dem gleichen Geschäftsbereich, können Arbeitgeber die Rechte aus § 61 HGB geltend machen.
Gleiches gilt für gewerbliche Verkäufe und Aktivitäten der Arbeitnehmer über Internetplattformen, wenn die Tätigkeiten identisch mit denen des Arbeitgebers sind.
Praxistipp
Arbeitgeber genießen in bestehenden Arbeitsverhältnissen umfassenden Konkurrenzschutz. Sie haben die Wahl ob sie bei Verstößen Schadensersatz oder Herausgabe der Umsätze verlangen wollen. Arbeitgeber können also je nach Fallkonstellation das wirtschaftlich beste Ergebnis erzielen.
Schadensersatz sollte dann gewählt werden, wenn Arbeitgeber nachweislich einen höherer Gewinn mit den Konkurrenzgeschäften erzielt hätten und das auch beweisen können.
Hat hingegen der Arbeitnehmer ein besseres Ergebnis erzielt als der Arbeitgeber hätte realisieren können, sollte der Erlös heraus verlangt werden. Insbesondere im Hinblick auf den schwer zu führenden Nachweis eines Schadens, sollte diese Möglichkeit stets im Auge behalten werden.
Die Arbeitszeit darf der Arbeitnehmer in keinem Fall mindernd anrechnen!
Achtung: Ein nach-vertragliches Wettbewerbsverbot ist hingegen nur unter engen Voraussetzungen möglich!
Bei Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.