Wer die Wahl hat, hat die Qual! Können Kunden bei ihrer Bestellung zwischen verschiedenen Modellen und Ausführungen wählen, stehen Verkäufer nicht selten vor Herausforderungen. Um die Wünsche im Vertrag besser benennen zu können, werden vielfach für bestimmte Merkmale Abkürzungen (Chiffriernummern) verwendet. Was aber wenn die Abkürzung dem Kunden unbekannt ist und nicht dem Wunsch entspricht? Kommt der Vertrag über die bestellte oder die gewünschte Ware zu Stande?
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Was ist passiert?
Ein Käuferin wollte einen Neuwagen kaufen. Gegenüber dem Mitarbeiter des Autohauses gab sie ihre Vorstellungen und Wünsche an und führte auch eine Probefahrt mit einem entsprechenden Modell durch. Das Probemodell hatten 5 Türen. Im anschließenden Verkaufsgespräch wurden verschiedene Ausstattungsmerkmale besprochen. Die Anzahl der Türen wurde hingegen nicht weiter thematisiert. Das von der Käuferin unterschriebene Bestellformular enthielt eine ihr nicht bekannte Abkürzung (Chiffrierkürzel) zur Modellwahl. Nach Lieferung musste sie feststellen, dass anstatt der gewünschten 5 Türen, das Modell nur 3 Türen hatte. Das Chiffrierkürzel stand für 3 Türen, sodass Bestellung und Lieferung zwar übereinstimmten. Nicht aber Kundenwunsch und Lieferung.
Die Käuferin sah hierin einen Mangel (Falschlieferung) und trat vom Vertrag zurück. Das Autohaus trat dem entgegen und wies darauf hin, dass die unterzeichnete Bestellung mit der Lieferung übereinstimme. Eine Falschlieferung liege somit nicht vor.
Die Entscheidung
Das OLG Schleswig (Az. 17 U 66/15) gab der klagenden Käuferin Recht. Es sei ein Vertrag über einen fünftürigen Wagen zustande gekommen. Das beklagte Autohaus müsse das Fahrzeug zurücknehmen und den Kaufpreis erstatten.
Nach Ansicht des OLG sei es unerheblich, dass die Chiffriernummer tatsächlich für eine dreitürige Ausführungsart stand. Aus dem gesamten Verkaufsvorgang gehe eindeutig hervor, dass die Käuferin einen Fünftürer erwerben wollte. Ihr altes Auto hatte fünf Türen, die Probefahrt erfolgte mit einem Fünftürer und abweichende Wünsche wurden nicht geäußert.
Hinzu komme, dass die Käuferin unmittelbar nach der Auslieferung die drei Türen bemängelte. Hieraus schlussfolgerte das Gericht, dass die Anzahl der Türen für die Käuferin von besonderem Interesse waren. All das sei dem Autohaus auch bekannt gewesen, sodass es sich auf die Bestellung nicht berufen konnten. Das gelte umso mehr, als dass die Käuferin die Chiffriernummer nicht entschlüsseln konnte.
Fazit
Die gesetzlichen Gewährleistungsrechte greifen dann, wenn eine Ware mangelhaft ist. Ob das der Fall ist, hängt maßgeblich von den Vereinbarungen der Vertragspartner ab. Entspricht die Sache den Vereinbarungen, liegt grundsätzlich kein Mangel vor. Weicht sie jedoch ab, ist in der Regel von einem Mangel auszugehen!
Achtung: Auch Abweichungen zu Gunsten des Vertragspartners können einen Mangel darstellen.
Falschlieferungen stehen einem Mangel gleich. Ist dieser wie vorliegend erheblich, kann der Kunde vom Vertrag zurücktreten und den Preis zurückfordern.
Wie die Entscheidung anschaulich verdeutlicht, sind nicht allein die ausdrücklichen Vereinbarungen im Vertrag maßgeblich. Vielmehr sind die gesamten Begleitumstände, die Fachkenntnisse der Vertragspartner als auch die in Vorgesprächen geäußerten Wünsche einzubeziehen. Besteht Unkenntnis zu einzelnen Vertragsangaben, kann unter Umständen auch eine Aufklärungspflicht bestehen.
Bei Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.