Nicht nur im Onlinehandel haben Verbraucher das Recht den Vertrag binnen 14 Tagen ohne Angabe von Gründen zu widerrufen. Auch Verträge die außerhalb der Geschäftsräume geschlossen werden, also beim Kunden vor Ort oder auf der Baustelle, können frei widerrufen werden. Das eigentlich zum Verbraucherschutz gedachte Recht birgt für Unternehmen jedoch erhebliche Risiken, was ein aktueller Fall des BGH anschaulich verdeutlicht!
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Was ist passiert?
Ein Verbraucher bestellte sich über das Internet zwei Matratzen bei der beklagten Verkäuferin. Die Matratzen wurden geliefert und vom Käufer auch bezahlt. Im Nachhinein entdeckte der Käufer bei einem anderen Unternehmen ein günstigeres Angebot und verlangte von der Beklagten die Preisdifferenz in Höhe von knapp 33 € unter Verweis auf ihre „Tiefpreisgarantie“ verbunden mit dem Hinweis dass er (der Käufer) ansonsten von seinem Widerrufsrecht Gebrauch machen werde. Eine Einigung kam nicht zustande, sodass der Käufer den Vertrag widerrief und die Matratzen zurückschickte. Er verlangte nunmehr die Zahlung des gesamten Kaufpreises. Die beklagte Verkäuferin lehnte das mit der Begründung ab, dass der Widerruf rechtsmissbräuchlich und deshalb unwirksam sei. Das Widerrufsrecht diene dem Zweck, dass der Kunde die Ware ansehen und prüfe könne. Nicht aber um Rabatte durchzusetzen und Preisdumping zu betreiben.
Die Entscheidung
Der BGH (Az. VIII ZR 146/15) hat der Klage des Kunden statt gegeben. Nach Ansicht des Gerichts konnte der Kläger den Vertrag wirksam widerrufen und somit den Kaufpreis zurück verlangen. Das sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil es dem Käufer um die Durchsetzung eines günstigeren Preises ging.
Der Widerruf eines Vertrages setzt einzig und allein voraus, dass dieser fristgerecht erklärt wurde. Die Angabe von Gründen sei hingegen nicht erforderlich. Der Verbraucher soll durch das Widerrufsrecht ein einfaches und unkompliziertes Mittel zur Loslösung vom Vertrag bekommen. Es komme somit nicht darauf an, warum der Kunde widerruft.
Nur in eng begrenzten Ausnahmefällen sei nach Ansicht des BGH ein Widerruf ausgeschlossen. Dies sei zum Beispiel bei Arglist des Verbrauchers oder bei einer Schädigungsabsicht bzw. bei Schikane anzunehmen.
Diese Ausnahmefälle sah der BGH vorliegend jedoch nicht als gegeben an. Allein der Umstand dass der Käufer Preise verglichen hat und angeboten habe, den Vertrag bei Zahlung der Preisdifferenz nicht zu widerrufen, stelle keinen Rechtsmissbrauch dar.
Dieses Verhalten sei vielmehr nur die Folge des gesetzlich einschränkungslos gewährten Widerrufsrechts. Die sich hieraus ergebende Wettbewerbssituation könne der Verbraucher zu seinen Gunsten nutzen.
Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 57/2016 v. 16.03.2016
Fazit
Ob ein derart weitreichendes Verständnis des Widerrufsrechts tatsächlich noch dem Verbraucherschutz dient, scheint fraglich. Bereits die Entscheidung des AG Bad Segeberg (siehe hier) wirft ungeahnte Haftungsrisiken für Unternehmen und Handwerksbetriebe auf.
Auch wenn das Widerrufsrecht im Onlinehandel nicht ausgeschlossen werden kann, ist Unternehmen dringen zu empfehlen sowohl die vorvertraglichen Informationspflichten als auch die Widerrufsbelehrung zu erteilen. Ansonsten können neben dem eigentlichen Widerruf (der ohne Belehrung 1 Jahr und 14 Tage ausgeübt werden kann) auch kostenpflichtige Abmahnungen und Schadensersatzansprüche drohen.
Bei Verträgen außerhalb von Geschäftsräumen sollten Unternehmen sich die Einwilligung zur sofortigen Ausführung der Arbeiten unter Verzicht auf das Widerrufsrecht nachweislich einholen!
Bei Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung!