Werbeaussagen als Beschaffenheitsvereinbarung?

Wer mit besonderen Merkmalen, Eigenschaften oder Funktionen seiner Produkte und Leistungen wirbt, muss sicher stellen das die Werbung auch hält was sie verspricht. Händler müssen sich unter Umständen auch die Werbeaussagen der Hersteller zurechnen lassen. Das reicht vom Kraftstoffverbrauch beim Kfz bis hin zu Werbeaussagen zur „Trockenlegung der Kellerräume“. Wann aber begründet die Werbeaussage zugleich auch eine Beschaffenheitsvereinbarung? Und was sind die Folgen von Verstößen?

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Hintergrund

Ist eine Ware oder eine Leistung mangelhaft, muss der Unternehmer im Rahmen der Gewährleistung auf eigenen Kosten Nacherfüllen. Je nach Art des Produktes und der Art des Mangels, kann dies die Nachbesserung (= Reparatur) oder eine Nachlieferung sein. Beim Kauf steht grundsätzlich dem Kunden die Wahl zwischen beiden Varianten zu. Bei Werkverträgen hat grundsätzlich der Unternehmer das Wahlrecht.

 

Ungeachtet dessen ist für jede Art der Mängelrechte das Vorliegen eines Mangels Grundvoraussetzung. Vereinfacht gesagt liegt ein Mangel immer dann vor, wenn die Ist-Beschaffenheit von der Soll-Beschaffenheit abweicht.

 

Achtung: Es spielt insoweit keine Rolle ob die Abweichung vorteilhaft und nachteilig für den Kunden ist. Jede Abweichung begründet grundsätzlich einen Mangel. Eine für den Kunden positive Abweichung hat unter Umständen aber Auswirkungen bei der Wahl der Art der Nacherfüllung oder der Höhe der Minderung.

 

Welche Beschaffenheit konkret vereinbart wurde, was also die „Soll-Beschaffenheit“ genau umfasst, ist durch die vertragliche Vereinbarung zu bestimmen, gegebenenfalls auch erst durch Auslegung. Sind Aussagen aus Werbeprospekten, Werbeversprechen oder Herstellerangaben hier mit einzubeziehen? Das OLG Düsseldorf (Az. 22 U 154/14) hatte über einen solchen Fall zu entscheiden.

 

Was ist passiert?

Der Auftraggeber hatte ein Unternehmen mit der Abdichtung und Sanierung seiner feuchten Kellerräume beauftragt. Die Grundlage des Auftrags war u.a. auch die Werbeaussage des Unternehmens, die eine „Patentlösung für trockene Keller“ und eine „effiziente Abdichtung“ versprach.

 

Nachdem das Unternehmen die Arbeiten abgeschlossen hatte, waren Teile des oberen Wandbereichs der Kellerräume immer noch feucht. Der Auftraggeber trat nach erfolgloser Fristsetzung vom Vertrag zurück und verlangte Rückzahlung der bereits geleisteten Vergütung.

 

Die Entscheidung

Das OLG Düsseldorf (Az. 22 U 154/14) gab dem Auftraggeber recht. Nach der Vereinbarung schuldete das Unternehmen nicht nur die konkret vereinbarte Ausführungsart. Vielmehr muss das Unternehmen auch die Funktionsfähigkeit der Leistung herstellen. Auftraggeber und Auftragnehmer hatten hier „trockene Kellerräume“ vereinbart, die trotz entsprechender Leistung nicht erreicht wurde. Diese Vereinbarung leitete das Gericht aus der Werbeaussage des Unternehmens her. Hierdurch wurden die darin gemachten Angaben zu einer „stillschweigenden Beschaffenheitsvereinbarung“.

 

Praxistipp: Unternehmen könne eine solche stillschweigende Vereinbarung nur durch ausdrückliche Hinweise im Vertrag entgehen. Gleiches gilt auch für Angaben in Werbeprospekten und Versprechen vom Hersteller.

 

Achtung: Funktionale Leistungsbeschreibungen sind für Unternehmen Risiko und Chance zugleich. Lesen sie mehr hier.

 

Sonderfall: überhöhter Kraftstoffverbrauch

Auch im Kfz-Bereich spielen Werbeaussage immer wieder eine Rolle. Hier lösen Angaben zum Kraftstoffverbrauch oftmals Streit aus. Nach Ansicht des OLG Hamm (Az. 2 U 163/14) bedeutet ein überhöhter Verbrauch aber nicht zwangsläufig auch einen Mangel des Kfz.

 

Was ist passiert?

Der Kläger leaste einen vom beklagten Autohaus erworbenen Neuwagen zum Preis von insgesamt 30.290,00 €. Nach dem Verkaufsprospekt sollten die Verbrauchswerte innerorts bei 11,7 l/ 100 km liegen, außerorts bei 7,5 l/ 100 km und kombiniert bei 9,0 l/ 100 km. Die Werte wurden nach „dem vorgeschriebenen Messverfahren (Richtlinie 80/1268/EWG)“ ermittelt. Nachdem der Kläger den Wagen einige Zeit nutze, bemängelte er u.a. einen überhöhten Kraftstoffverbrauch und wollte vom Vertrag zurücktreten.

 

Das zunächst damit befasste Landgericht Dortmund holte ein Sachverständigengutachten ein, worin der konkrete Rollwiderstand ermittelt wurde. Nach dem Gutachten sah das Gericht dann tatsächlich einen Mangel in dem überhöhten Verbrauch, da sich eine Abweichung von den Prospektangaben von über 12 % ergeben hatte. (Anmerkung: Die Grenze wird grundsätzlich bei 10 % gezogen. Bis zu diesem Wert muss der Kunde in der Regel Schwankungen hinnehmen)

 

Gegen das Urteil des Landgerichts legte das Autohaus Berufung ein.

 

Die Entscheidung
Das OLG Hamm (Az. 2 U 163/14) änderte das Urteil des Landgerichts ab und wies die Klage des Käufers ab. Nach der Prospektangabe muss eine richtlinienkonforme Verbrauchsermittlung erfolgen. Die Richtlinie sieht zwei Möglichkeiten zur Ermittlung des Verbrauchs vor. Es kann zum einen der konkrete Rollwiderstand zu Grunde gelegt werden. Es kann aber auch auf die unabhängig vom konkreten Fahrzeug und abstrakt festgelegten Werte der Tabelle der Richtlinie 70/229/EWG zurückgegriffen werden. Nur wenn beide Möglichkeiten eine Abweichung von über 10 % ergeben, kann von einem Mangel ausgegangen werden.

 

Vorliegend war dies zu verneinen. Nach der zweiten Methode (Werte aus der Tabelle) war nur eine Abweichung von unter 9 % festzustellen. Diese Abweichung stelle keinen erheblichen Mangel dar, der den Käufer zum Rücktritt berechtigen würde.

 

Da eine Beschränkung bzw. eine bevorzugte Anwendung einer Art der Feststellung (Rollwiderstand oder Tabelle) nicht gegeben ist, kann der Kunde auch nur erwarten das die Verbrauchswerte einer der beiden Methoden entsprechen.

 

Fazit

Die Angaben in der Werbung sind für Unternehmen nicht ohne Risiken. Insbesondere dann, wenn sie keinen Einfluss auf die Aussagen und Werbeversprechen haben. Wollen Unternehmen die Aussagen nicht Vertragsbestandteil werden lassen, müssen sich hiervon ausdrücklich distanzieren. Ansonsten muss die Werbung halten was sie verspricht.

 

Bei Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung.