Leistungsbeschreibungen können entweder mit einem Leistungsverzeichnis erstellt werden, in dem sämtliche Arbeitsschritte und Materialien genau aufgeführt sind. Es kann aber auch (nur) ein Leistungsprogramm Inhalt sein. Bei dieser Art der Leistungsbeschreibung bleibt es dem Auftragnehmer überlassen, wie er das funktionstaugliche Werk erstellt. Es wird im Leistungsprogramm nur die erwartete Funktion festgelegt. Was zunächst nach Freiräumen für den Auftragnehmer klingt, kann aber unerwartete Risiken bedeuten!
______________________________________________________________________
Hintergrund
Leistungsbeschreibungen mit einem Leistungsprogramm werden auch als funktionale Leistungsbeschreibung bezeichnet. Diese Form kommt in der Praxis vermehrt auch bei privaten Auftraggebern vor und nicht mehr nur bei der öffentlichen Auftragsvergabe oder durch Generalunternehmer.
Eine funktionale Leistungsbeschreibung ist an keine Form gebunden und kann auch mündlich durch den Auftraggeber vorgenommen werden.
Beispiele: „Erstellen Sie mir mal ein Angebot für die komplette Sanierung des Dachgeschosses...“ oder „Können Sie mir die Elektroinstallation komplett erneuern, inklusive der Beleuchtung im Keller? Machen Sie mal ein Angebot!“
Derartige Aussagen sind rechtlich gesehen funktionale Leistungsbeschreibungen. Auftragnehmer müssen in diesem Fall alles erforderliche veranlassen, um das Endziel „Sanierung Dachgeschoss“ oder „Erneuerung Elektroinstallation“ mangelfrei herbeizuführen. Hierzu gehört sowohl die Planung als auch die Durchführung! Wie er das im Einzelnen macht, bleibt dem Auftragnehmer selbst überlassen.
Möglich ist zudem die Kombination von funktionaler Leistungsbeschreibung und einer Leitungsbeschreibung mit Leistungsverzeichnis.
Die funktionale Leistungsbeschreibung – Freiheit und/ oder Risiko?
Bei der funktionalen Leistungsbeschreibung übernimmt der Auftragnehmer sämtliche Maßnahmen, die den Erfolg herbeiführen. Das sind die Planung der Arbeiten, die Berechnung und Beschaffung der erforderlichen Materialien und Arbeitsmittel.
Der Auftragnehmer kann hierbei seine Erfahrungen und Kenntnisse für eine optimale Durchführung einsetzen. Dies insbesondere auch im Hinblick auf Rationalisierungsmaßnahmen.
Für den Auftragnehmer ist die Kalkulation von besonderer Bedeutung. In seiner Planung und Angebotserstellung muss er sämtliche Arbeiten und die damit verbundenen Kosten einbeziehen.
Bei einem Angebot zu einem Pauschalpreis trägt der Auftragnehmer in der Regel das Risiko der Fehlkalkulation. Er muss das funktionstaugliche Werk zu dem vorab
festgelegten Preis erstellen. Nur in eng begrenzten Ausnahmefällen kann eine Anpassung bzw. Zusatzvergütung verlangt werden. Stellt der Auftragnehmer während der Ausführung also fest, dass er
erforderliche Leistungen nicht bedacht und folglich auch nicht einkalkuliert hat, kann er regelmäßig keine zusätzliche Vergütung für diese Leistungen verlangen. Muss sie aber gleichwohl
ausführen, da ansonsten das geschuldete funktionstaugliche Werk nicht hergestellt werden kann.
Das maßgebliche Risiko für den Auftragnehmer bei einer funktionalen Leistungsbeschreibung besteht darin, dass bereits kleine Fehler in der Planung, zu
erheblichen (wirtschaftlichen) Einbußen führen können.
Praxistipp: Unternehmen müssen bereits bei der Planung sämtliche Leistungen berücksichtigen und kalkulieren. Hier ist besondere Sorgfalt
erforderlich, da insbesondere bei Festpreisen eine spätere Anpassung grundsätzlich nicht mehr möglich ist.
Fehlt dem Auftragnehmer für besondere Teilleistungen die Fachkunde, muss er entsprechende Fachplanungen durch Subunternehmer erstellen lassen. Auch insoweit besteht
für den Auftragnehmer ein Risiko: Er muss bei Fehlern seiner Subunterunternehmen gegenüber seinem Auftraggeber haften und auch hierbei wieder Fehlkalkulationen tragen. Zudem muss er für diese
Planungsaufgaben in Vorleistung gehen ohne zu wissen,ob er später den Auftrag tatsächlich auch erhält.
Was ist bei der Planung zu beachten?
Auftragnehmer sollten bei der Planung ihres Angebots im Rahmen einer funktionalen Leistungsbeschreibung folgende Punkte beachten:
-
Ausgangspunkt jeder Planung sollten die „Grundangaben“ des Auftraggebers sein. Was ist das Ziel? Was will er haben? Gibt es bereist Zeichnungen oder sonstige Vorgaben?
-
Aufgrund dieser Angaben ist die Planung mit den anerkannten Regeln der Technik abzugleichen und bei Bedarf diesen anzupassen. Ein funktionstaugliches Werk ist nur dann mangelfrei, wenn es den anerkannten Regeln der Technik entspricht. Ist dies nicht der Fall sollte der Unternehmer den Auftraggeber (nachweislich!) auf seine Bedenken hinweisen und mit der Ausführung bis zur „Freigabe“ durch den Auftraggeber warten!
-
Weiter muss der Auftragnehmer auch die Grundkonstruktion des Bauwerks beachten. Auch wenn Leistungen den anerkannten Regeln der Technik entsprechen, können Mängel auch dann bestehen wenn die Arbeiten nicht den „Soll-Vorgaben“ (siehe Punkt 1) entsprechen.
Im Übrigen ist der Auftragnehmer bei der funktionalen Leistungsbeschreibung frei in der Planung.
Spezialwünsche des Kunden nach Vertragsschluss!?
Oftmals wünschen Kunden während der Bauausführung dann doch genau bezeichnete Leistungen. So sollen die Wände in genau bezeichneten Farbvorgaben gestrichen werden, die Lampen aus besonderem Material bestehen oder die Pflasterarbeiten mit besonders witterungsbeständigen Steinen durchgeführt werden. Alles natürlich erst nach Vertragsschluss. Dann stellt sich die Frage: Muss der Auftragnehmer die Anweisungen befolgen? Und wenn ja, kann er eine zusätzliche Vergütung verlangen?
Liegt den Arbeiten ein Vertrag unter Einbeziehung der VOB/B zu Grunde, richten sich die Rechte und die Rechtsfolgen nach § 1 Abs. 3, § 2 Abs. 5, 6 VOB/B. Hiernach kann der Auftraggeber einseitige Änderungen des Bauentwurfs oder erforderliche zusätzliche Leistungen anordnen, die der Auftragnehmer grundsätzlich auch auszuführen hat. Der Auftragnehmer kann dann aber gemäß § 2 Abs. 5, 6 VOB/B eine entsprechende Anpassung der Vergütung verlangen! Das gitl auch bei Pauschalpreisen!
Bei einem „reinen“ BGB-Vertrag muss der Auftragnehmer hingegen die geänderten oder erforderlichen Zusatzleistungen nicht „auf Zuruf“ durchführen. Er kann und sollte
hier vielmehr vorab eine Vertragsanpassung verlangen, insbesondere im Hinblick auf die Vergütung!
Fazit
Funktionale Leistungsbeschreibungen sind für Auftragnehmer Chance und Risiko zugleich. Sie können ihre Fachkenntnisse und insbesondere Rationalisierungsmaßnahmen für ein „gutes“ Angebot nutzen. Müssen auf der anderen Seite aber für fachfremde Planungsfehler und Fehlkalkulationen einstehen. In diesem Zusammenhang sollten Unternehmen auf eine genaue Vertragsgestaltung achten, um sich etwaige Regressansprüche zu erhalten und ihr Haftungsrisiko zu minimieren. Unternehmen sollten sich bewusst sein, dass bei funktionalen Leistungsbeschreibungen zu Pauschalpreisen ein erhebliches (wirtschaftliches) Risiko besteht!
Bei Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung!