Unternehmer verwenden in ihren AGB oftmals die Klausel „Eine Aufrechnung ist nur mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderungen zulässig.“ Was auf den ersten Blick als wirksame und nützliche Regelung erscheint, kann jedoch sowohl gegenüber Verbraucherkunden als auch gegenüber Geschäftskunden unwirksam sein. Mögliche Folgen: Aufrechnung, Schadensersatz und Abmahnungen! Wie sollten aber solche Klauseln ausgestaltet werden um wirksam zu sein?
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Was ist passiert?
Der Kläger verlangte vom Beklagten Zahlung für die Lieferung von Beton. Der Beklagte verweigerte die Zahlung und erklärte zugleich die Aufrechnung mit etwaigen Schadensersatzansprüchen, die er aus der mangelhaften Warenlieferung herleitete.
Der Kläger verneinte demgegenüber die Möglichkeit einer Aufrechnung, weil ein Aufrechnungsverbot entsprechend seinen AGB bestehe. Demnach könne nur mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderungen aufgerechnet werden. Dies sei vorliegend aber gerade nicht der Fall. Er erhob Zahlungsklage.
Die Entscheidung
Das Obergerichtliches Nürnberg (Az. 12 U 2119/13) verneinte den Anspruch auf Zahlung für die Lieferung, da der Beklagte wirksam die Aufrechnung erklären konnte.
Entgegen der Ansicht des Klägers, war die Aufrechnung nicht durch die Regelung in seinen AGB ausgeschlossen. Das OLG stützte sich insbesondere auf die Grundsatzentscheidung des BGH aus dem Jahr 2011 (Az. VII ZR 209/07) wonach ein Aufrechnungsverbot in den AGB des Verwenders unwirksam ist, da es den Vertragspartner entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteilige. Der Besteller einer Ware oder Leistung werde nach dieser Klausel faktisch dazu gezwungen, eine mangelhafte oder unvollständige Leistung komplett zu vergüten, obwohl Gegenansprüche in Höhe der Mängelbeseitigung oder für die Fertigstellung gegeben sein können. Hieraus ergibt sich das Risiko, dass zunächst der Zahlungsklage stattgegeben wird, der Betrag gezahlt wird und in einem späteren Verfahren zur Rückzahlung eben dieser Vergütung der Unternehmen nicht mehr zahlungsfähig/ insolvent ist.
Nach Ansicht des BGH sind Aufrechnungsverbote in AGB zumindest dann unwirksam, wenn die Ansprüche gegenseitig voneinander abhängig sind (Leistung- und Gegenleistung). Dies muss bereits aus der Klausel klar hervorgehen.
Achtung: Die BGH-Entscheidung lag ein Werkvertrag zwischen einem Unternehmen und einem Verbraucher (B2C) zu Grunde, sodass die strengen Anforderungen gemäß §§ 308, 309 BGB anzuwenden waren.
Das OLG Nürnberg übertrug dieses Ergebnis auf Verträge zwischen Unternehmen (B2B) und weitete den Anwendungsbereich auch auf Kaufverträge und Werklieferungsverträge aus. Maßgeblich sei allein, dass Leistung und Gegenleistung in einem Abhängigkeitsverhältnis stehen. Soweit dies der Fall ist, sei es unerheblich ob der Vertrag zwischen Unternehmen geschlossen wurde und welcher Vertragstyp vorliegt (Kaufvertrag, Werkvertrag, Werklieferungsvertrag)
Fazit
Der Ausschluss einer Aufrechnung mit unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderungen in AGB ist sowohl bei der Verwendung gegenüber Verbrauchern als auch gegenüber Unternehmen unwirksam. Um welche Art von Vertrag es sich hierbei handelt ist irrelevant. Sobald Leistung und Gegenleistung in einem besonderen Abhängigkeitsverhältnis stehen, ist der Ausschluss unwirksam.
Durch die Entscheidung des OLG Nürnberg wurde nunmehr Klarheit für die Gestaltungspraxis von AGB geschaffen. Nach der Grundsatzentscheidung des BGH war zunächst unklar, ob die Entscheidung nur auf Verträge zwischen Unternehmen und Verbraucher und auch nur auf Werkverträge anzuwenden war. Ein Aufrechnungsverbot in AGB, dass sämtliche Gegenansprüche unterschiedslos umfasst, ist unwirksam.
Praxistipp: Im Hinblick auf die weite Verbreitung von derartigen Aufrechnungsverboten in AGB und den erheblichen Konsequenzen einer Unwirksamkeit, sollten die bislang standardmäßig verwandten Aufrechnungsverbote auf ihre Wirksamkeit hin überprüft werden und bei Bedarf angepasst werden. Ist die Klausel mit dem Aufrechnungsverbot unwirksam, kann sie nicht in einem gerade noch zulässigen Maß aufrecht erhalten werden. Es besteht das Verbot der "geltungserhaltenden Reduktion“. Dass heißt, die Klausel ist insgesamt hinfällig und es besteht gar kein Aufrechnungsverbot!
AGB-Klauseln, die nur unbestrittene und rechtskräftige Ansprüche vom Aufrechnungsverbot ausnehmen, sollten dahingehend ergänzt werden, dass auch Gegenforderungen aus demselben Vertragsverhältnis vom Aufrechnungsverbot ausgenommen sind.
Bei Rückfragen stehe ich Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung!
Achtung: Prüfen Sie Ihre Ansprüche auf drohende Verjährung zum Jahresende. Betroffen sind vorrangig Ansprüche aus dem Jahr 2012 die der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren unterliegen!