Rücktritt- Nacherfüllung- Rücktritt?

Die Gewährleistungsrechte sind sowohl im Kauf- als auch im Werkvertragsrecht nahezu identisch ausgestaltet. Der Verkäufer/ Auftragnehmer ist im Falle eines Mangels zunächst zur Nacherfüllung berechtigt. Hierzu muss der Käufer/ Auftraggeber eine angemessene Frist setzen. Erst nach (erfolglosem) Ablauf dieser Frist, können weitergehenden Mängelrechte wie Rücktritt, Schadensersatz, Minderung oder im Falle eines Werkvertrages, auch die Selbstbeseitigung geltend gemacht werden. Nur in Ausnahmefällen ist eine Fristsetzung entbehrlich. Wie wirkt sich aber ein zunächst unwirksamer Rücktritt auf eine später gleichwohl durchgeführte Nacherfüllung aus? Kann der Rücktritt dann nochmals erklärt werden?

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Was ist passiert?

Die Käufer bestellten bei dem Verkäufer im Juni 2011 eine individuell angefertigte Couchgarnitur. Im März 2012 wurde die Couch dann nach Maßgabe der Käuferwünsche ausgeliefert. Nachdem die Käufer die Couch einige Tage genutzt hatten, machten Sie u.a. Mängel an den Auflagen der Matratze geltend und erklärten den Rücktritt vom Vertrag. Eine Nachbesserung in Form einer Reparatur verweigerten sie zunächst. Erst nach diversen Verhandlungen mit dem Verkäufer, einigten sie sich auf einen kostenfreien Austausch der Matratzenauflagen.

Allerdings wurden auch diese Auflagen als mangelhaft beanstandet. Diesmal setzten die Käufer dem Verkäufer jedoch eine Frist zur Nacherfüllung.

Jetzt wiederum verneinte aber der Verkäufer einen Nacherfüllungsanspruch, da ein solcher Anspruch durch den erklärten (unwirksamen) ersten Rücktritt ausgeschlossen sei.


Die Entscheidung

Das Oberlandesgericht Naumburg (Az. 2 U 127/13) stellte in seiner Entscheidung zunächst fest, dass der ursprünglich erklärte Rücktritt im März 2012 unwirksam gewesen sei. Die Käufer hätten dem Verkäufer zunächst eine Frist zur Nacherfüllung setzen müssen. Die Fristsetzung war vorliegend auch nicht ausnahmsweise entbehrlich.

Allerdings sei durch diesen unwirksam erklärten Rücktritt der Nacherfüllungsanspruch der Käufer gerade nicht erloschen. Nur ein wirksamer Rücktritt führt zu einem sog. Rückgewährschuldverhältnis, wonach beide Parteien die gegenseitigen Leistungen zurückzugewähren haben. In diesem Fall kommt eine Nacherfüllung nicht mehr in Betracht. Wurde der Rücktritt aber nicht wirksam ausgeübt, kann auch kein Rückgewährschuldverhältniss bestehen. Folglich bestehen die ursprünglichen Rechte fort und es kann (weiterhin) Nacherfüllung verlangt werden.


Fazit

Was hier für den Kauf einer Couch entschieden wurde, kann auch auf den Kauf von Pkw, Ersatzteilen und aufgrund der nahezu identischen Ausgestaltung der Gewährleistungsrechte, auch auf Werk- und Werklieferungsverträge übertragen werden.

Dem Verkäufer oder Auftragnehmer muss somit grundsätzlich zunächst eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt werden. Erst nach erfolglosem Ablauf können weitere Rechte geltend gemacht werden.

Wurde ein solches weitergehendes Recht allerdings (unwirksam, weil zu früh) ausgeübt, bleibt dem Käufer/ Besteller auch weiterhin das Recht, Nacherfüllung zu verlangen. Schlägt diese fehl oder wird sie nicht fristgerecht erbracht, kann dann (erneut) zurückgetreten und/ oder Schadensersatz verlangt werden.


Bei Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.