Stellt die Zahlung auf eine Rechnung ohne Vorbehalt ein Anerkenntnis dar? Die Frage stellt sich sowohl bei der Zahlung
durch Kunden (B2C) als auch bei der Zahlung gegenüber dem eigenen Lieferanten (B2B). Die rechtlichen Konsequenzen: Bei einem Anerkenntnis wären Rückforderungen ausgeschlossen und die
Verjährung beginnt neu zu laufen! Muss nun in jeder Zahlung ein Vorbehalt aufgenommen werden? Und was ist mit der vorbehaltlosen Nacherfüllung durch den Unternehmer?
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Zahlungen im Bereich Kunde – Unternehmer (B2C)
Zunächst ist die Konstellation zu betrachten, in der der Kunde die Leistung des Unternehmers vorbehaltlos bezahlt:
Was ist passiert?
Der zahlende Kunde hatte seinen Pkw in die Werkstatt des beklagten Kfz-Betriebs gebracht. Der Pkw wurde dort entsprechend dem Reparaturauftrag repariert und der Kunde zahlte auch die Rechnung. Später stellte er dann aber fest, dass der Defekt ein Gewährleistungsfall war, sodass die Reparatur kostenlos hätte durchgeführt werden müssen. Er forderte den bezahlten Betrag zurück.
Der Kfz-Betrieb wies die Forderung zurück, da durch die vorbehaltlose Zahlung der Kunde die Forderung anerkannt habe und somit die
Rückforderung ausgeschlossen sei.
Die Entscheidung
Der BGH gab der Klage des Kunden statt. Um eine Anerkenntnis annehmen zu können, müssen alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden. Ein Anerkenntnis ist die stärkste Form der Erfüllung einer Forderung. Hierfür muss eine Interessenlage bei den Beteiligten bestehen, die gerade Anlass für ein Anerkenntnis gibt. Dies wäre zum Beispiel dann der Fall, wenn zuvor (vor Zahlung der Forderung) Streit oder zumindest Unklarheiten über den Vertrag bestanden, die durch das Anerkenntnis ausgeräumt werden sollen.
Aber nur weil eine Rechnung ohne Vorbehalt bezahlt wird, ist allein daraus nicht zu schließen, dass der Zahler/ Kunde damit den
Bestand der erfüllten Forderung insgesamt außer Streit stellt.
Fazit
Allein die vorbehaltlose Zahlung des Kunden stellt kein Anerkenntnis dar. Der Kunde konnte den bereits gezahlten Betrag vom Kfz-Betrieb zurückverlangen, da ein Fall der Gewährleistung vorlag, der für den Kunden kostenfrei zu erfolgen hatte.
Das Ergebnis ist auch auf andere Branchen zu übertragen!
Zahlung im unternehmerischen Rechtsverkehr/ an den Lieferanten (B2B)
Die zweite Konstellation ist die Zahlung zwischen Unternehmern:
Was ist passiert?
Ein Handwerker erhielt von seinem Lieferanten eine Rechnung für zuvor bestellte Warenlieferungen. Der Handwerker ging davon aus, dass die Lieferung auch tatsächlich eingetroffen ist, sodass er die Rechnung vorbehaltlos bezahlte. Später musste er feststellen, dass durch einen Fehler die Lieferung als „erfolgt“ verbucht wurde, ohne dass sie je eingetroffen ist. Das Unternehmen verlangte nun vom Lieferanten Rückzahlung.
Der Lieferant verweigerte die Rückzahlung u.a. mit der Begründung, dass mit vorbehaltloser Zahlung die Forderung anerkannt wurde dadurch eine Rückforderung ausgeschlossen sei.
Die Entscheidung
Auch in diesem Fall hat der BGH entschieden, dass allein in der Bezahlung einer Rechnung noch kein Anerkenntnis liegt.
Ein eigenständiges, sog. konstitutives Schuldanerkenntnis scheidet regelmäßig aus, da der Zahlende keine neue Verbindlichkeit begründen, sondern eine (vermeintlich) bestehende
Verbindlichkeit bezahlen will.
In der bloßen Zahlung liegt grundsätzlich auch kein „deklaratorisches“ Schuldanerkenntnis, also die Erklärung, eine
zugrundeliegende Forderung außer Streit zu stellen und auf sämtliche Einwendungen und Einreden zu verzichten. Hierzu bedürfte es zusätzlicher besonderer Umstände. Dies kann etwa der Fall
sein, wenn die Vertragsparteien über das Bestehen oder Nichtbestehen einer Forderung bereits gestritten haben und dieser Streit nunmehr ausdrücklich beendet werden soll.
Der Wille, das Schuldverhältnis ganz oder teilweise dem Streit oder der Ungewissheit der Parteien zu entziehen, muss aber
eindeutig zum Ausdruck kommen
Fazit
Auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr (B2B) kann nicht ohne weiteres auf ein Anerkenntnis durch vorbehaltlose
Zahlung geschlossen werden. Der Zahlende gibt i.d.R. keine über den Zahlungsvorgang hinaus gehende Erklärung ab. So wird eine Zahlung vom Zahlungsempfänger mangels besonderer Umstände auch
nicht verstanden. Anderenfalls wären Unternehmer faktisch gezwungen, sämtliche Rechnungen vorsorglich nur noch unter Vorbehalt zu bezahlen, was wiederum zu erheblichen Rechtsunsicherheiten führen
würde. Es kommt aber immer auf die Umstände des Einzelfalls an.
Anders sehen es die Gericht zum Teil bei einer Mängelbeseitigung ohne Vorbehalt. Führt ein Unternehmen Nachbesserungsarbeiten (Reparatur etc.) durch, ohne ausdrücklich vorzubehalten, dass das freiwillig oder aus Kulanz erfolgt, kann das ein Anerkenntnis darstellen mit entsprechenden Konsequenzen.
Bei Rückfragen stehe ich
Ihnen gerne zur Verfügung!