Ein Unternehmer kann die Nacherfüllung unter anderem dann verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist (§ 635 Abs. 3 BGB). Das gilt sowohl für Kauf- als auch für Werkverträge, egal ob es den Fensterbau oder die Autolackierung betrifft. In der Praxis führt die Frage, wann die Nacherfüllung “unverhältnismäßig“ ist, oftmals zu Schwierigkeiten! Welche Art der Nacherfüllung muss unverhältnismäßig sein? Reicht es aus wenn die Nachbesserung zu teuer ist oder muss auch die Nachlieferung einbezogen werden?
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Was ist passiert?
Das Oberlandesgericht Düsseldorf (Az. I-21 U 23/14) hatte im vorliegenden Fall darüber zu entscheiden, ob ein Auftragnehmer die Nacherfüllung auch bei reinen optischen Mängel wegen Unverhältnismäßigkeit verweigern kann.
Die Entscheidung
Das Gericht führt zunächst aus, dass bei rein optischen Mängeln, die nur das äußere Erscheinungsbild betreffen und zu keinerlei Funktionsstörungen führen, es für die Bewertung der „Unverhältnismäßigkeit“ auf eine Interessenabwägung maßgeblich ankommt. Wie hoch ist das Interesse des Auftraggebers (auch) an einer optisch einwandfreien Leistung zu bewerten im Vergleich zum Interesse des Auftragnehmers, die Kosten bei unbeachtlichen Abweichungen so gering wie möglich zu halten. Je höher das Auftraggeber-Interesse ist, je geringer ist die Möglichkeit des Auftragnehmers sich auf unverhältnismäßige Kosten zu berufen. Umgekehrt ist der bloße optische Mangel ohne Funktionsbeeinträchtigung und ohne besonderes Interesse des Auftraggebers an dem Erscheinungsbild, nicht geeignet eine kostenintensive Mängelbeseitigung zu rechtfertigen.
Dies ist stets eine Frage des Einzelfalls und kann nicht pauschal beantwortet werden. Insoweit sind auch die Vertragsinhalte in die Gesamtabwägung einzubeziehen. Auch spielt die Frage eine Rolle, ob und inwieweit die optischen Mängel auch bei der Nutzung wahrgenommen werden können und wie sich dies wiederum auf den Wert auswirken kann.
Fazit
Bei dem Einwand der Unverhältnismäßigkeit der Nacherfüllung ist der jeweilige Einzelfall gesondert zu prüfen. Ergibt die
Gesamtabwägung der Interessen, dass die Optik nachrangig ist und führt der Mangel auch zu keiner Funktionsbeeinträchtigung, so kann der Unternehmer die Nacherfüllung eher verweigern, als wenn das
Interesse des Auftraggebers zumindest auch auf eine optisch einwandfreie Leistung gerichtet ist. Dies wäre zum Beispiel bei hochpreisigen Werken der Fall oder bei besonderer Erwähnung im
Vertrag.
Mängel die nur das Erscheinungsbild betreffen und auch nicht für „Prestigeobjekte“ gedacht sind, sind meist dann unwesentlich,
wenn sie nicht wahrnehmbar sind oder sich nur selten zeigen. In diesem Fall ist tendenziell von einer Unverhältnismäßigkeit auszugehen.
Beim Kauf eines Neuwagens wurde wiederum die leichte Abweichung im Farbton bereit als Mangel angesehen. Hierbei handelte es sich
um einen hochpreisigen Wagen und die Farbe war auch explizit im Vertrag genannt. Lesen Sie den Beitrag hier.
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