Mängelrechte und Rügepflichten!

Schließen Unternehmer im geschäftlichen Verkehr Verträge (B2B), können hierbei die besonderen Regelungen des HGB einschlägig sein. Diese gelten dann neben den allgemeinen Gewährleistungsrechten. Was in der Praxis häufig übersehen wird, ist die sog. Prüf- und Rügeobliegenheit des Käufers bei einem Handelskauf. Gerade im Hinblick auf die Vielzahl der Verträge mit Lieferanten können hier Fallstricke lauern und im äußersten Fall zum Verlust von Mängelansprüchen führen.

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Hintergrund

Schließen zwei Unternehmer (= Kaufleute im Sinne des HGB) einen Kaufvertrag im Rahmen ihrer geschäftlichen Tätigkeit, liegt ein sog. Handelskauf vor. Solche Verträge sind u.a. beim Kauf von Material für den Baubetrieb, das Motoröl für die Kfz-Werkstatt oder die Farben für den Malerbetrieb gegeben. Aber auch für sonstige Käufe, die das eigene Unternehmen betreffen wie z.B. Werbeschilder oder Reklameleuchten können die Sonderregelungen einschlägig sein.


Einen wesentlichen Zusatz zu den allgemeinen Gewährleistungsrechten, sieht § 377 HGB vor. Demnach müssen Unternehmen die gekauften Waren und Produkte beim Erhalt prüfen und etwaige Mängel unverzüglich dem Verkäufer anzeigen. Missachtet der Käufer diese Überprüfungs- und Rügeobliegenheit, kann er später keine Gewährleistungsrechte mehr in Bezug auf die erkennbaren Mängel geltend machen. Die Lieferung gilt als genehmigt!

Probleme tauchen auch dann auf, wenn das Material direkt zum Kunden geliefert und dort eingebaut wird. Wie soll die gesetzlich geforderte Prüfung in diesem Fall vorgenommen werden?


Was ist passiert?
Ein Auftragnehmer (= Käufer) schloss mit einem Hersteller und Lieferanten (= Verkäufer), einen Vertrag über die Herstellung und Lieferung von Türen. Die Türen waren Sonderanfertigungen nach Kundenspezifikationen. Der Verkäufer sollte die Türen nach der Herstellung direkt zum Kunden (Bauherr) des Käufers liefern. Nach über einem Jahr, wies der Bauherr seinen Auftragnehmer (= Käufer) auf Mängel an den Türen hin, die der Bauherr auch bereits bei der Lieferung erkannt habe.

Hierauf hin machte der Auftragnehmer (= Käufer) gegenüber seinem Verkäufer Mängelrechte geltend. Der Verkäufer lehnte die Ansprüche ab, da die Mängelrüge gemäß § 377 HGB zu spät erfolgte. Die Türen gelten somit als genehmigt. Es liege auch ein Handelskauf vor, da der Vertrag über die Türen ein sog. Werklieferungsvertrag und kein reiner Werkvertrag sei.


Die Entscheidung

Das OLG Köln (Az. 11 U 183/14) wies sämtliche Gewährleistungsrecht des Käufers/ Auftragnehmers ab. Die Mängelrüge war verspätet, sodass die hergestellten und gelieferten Türen als genehmigt gelten.

Das Gericht führt zunächst aus, dass § 377 HGB nur bei Kaufverträgen zwischen Unternehmen gilt. Probleme treten hierbei immer dann auf, wenn die gekaufte Ware erst noch herzustellen ist und später geliefert und eingebaut werden muss. Der Einbau spricht oftmals eher für die Einordnung als reinen Werkvertrag gemäß §§ 631 ff. BGB, sodass keine Rügeobliegenheit bestehen würde. Die Differenzierung erfolgt danach, wo der Schwerpunkt der vertraglichen Leistung gesetzt wurde.

Vorliegend sah das Gericht die Übertragung von Besitz und Eigentum der Türen als maßgeblich an. Der Einbau sei hier nur eine unwesentliche Nebentätigkeit. Mithin liegt ein Werklieferungsvertrag (§ 651 BGB) vor, auf den die kaufrechtlichen Regelungen anzuwenden sind. So auch § 377 HGB.

Hieran ändere auch der Umstand nichts, dass die Türen nach den Vorgaben des Kunden angefertigt worden sind. Nach Ansicht des OLG spielt es für einen Werklieferungsvertrag keine Rolle, ob die herzustellenden Sachen allgemeinen oder speziellen Maßgaben zu entsprechen hat. Allein die Lieferung neu herzustellender Sachen ist Anwendungsvoraussetzung! Die Ausnahme nach § 651 S. 3 BGB war vorliegend nicht einschlägig.

Die Rügeobliegenheit des Käufers/ Auftragnehmers konnte schlussendlich auch nicht deshalb verneint werden, weil die Lieferung direkt zum Kunden erfolgte. In diesen Konstellation muss der Käufer/ Auftragnehmer sicher stellen, dass auch vor Ort beim Kunden eine Prüfung erfolgen kann, durch wen auch immer! Mängel müssen dann dem Käufer mitgeteilt werden, sodass dieser wiederum gegenüber seinem Verkäufer etwaige Mängelrechte geltend machen kann.


Fazit

Unternehmen müssen bei Kaufverträgen mit ihren Lieferanten und auch bei Werklieferungsverträgen die Sonderregelungen des HGB beachten, wenn sie ihre Mängelrechte nicht verlieren wollen. Insbesondere die Rügeobliegenheit wird in der Praxis selten bis gar nicht beachtet. Das Urteil stellt nochmals klar, dass die Prüfungspflicht umfassend und unverzüglich zu erfolgen hat. Liefert der Verkäufer die Waren direkt zum (Verbraucher-) Kunden entbindet auch dieser Umstand den Unternehmer nicht von seinen Pflichten. Die Prüfung kann dann entweder durch den Käufer/ Auftragnehmer beim Kunden erfolgen oder der Kunde prüft als Bauherr selbst die Waren und teilt dem Käufer/ Auftragnehmer etwaige Mängel mit. Diese Pflichten sollten bereits in den Verträgen beachtet werden!


Bei Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung!