Derzeit ist eine Art Streikwelle wahrzunehmen. Angefangen vom Lokführerstreik der GDL bei der Bahn, über die Kita bis hin
zum öffentlichen Dienst und sogar den Geldtransporten. Alle Zeichen stehen auf Arbeitskampf. Allerdings haben streikende Arbeitnehmer keine absoluten und uneingeschränkten Rechte. Auch sie müssen
Grenzen beachten!
______________________________________________________________________
Hintergrund
Als ersten Grundsatz gilt das Übermaßverbot. Demnach dürfen Arbeitnehmer nicht „über das Maß“ hinaus lange streiken. Das Unternehmen darf nicht streikbedingt wirtschaftlich ruiniert werden.
Ein Streik stellt immer ein Mittel dar, um Anforderungen und Bedingungen an einen (neuen) Tarifvertrag durchzusetzen. Hieraus folgt der zweite Grundsatz: Streiks sind nur bei Tarifverhandlungen erlaubt oder in Situationen, bei denen noch kein Tarif existiert bzw. ein bestehender Tarifvertrag ausgelaufen ist. Im Gegensatz dazu besteht während der Laufzeit eines Tarifvertrages eine Friedenspflicht. Streiks sind in diesem Zeitraum verboten.
Einen dritten Grundsatz stellt schließlich das Verhältnismäßigkeitsprinzip dar. Ein Streik sollte immer nur das letzte Mittel sein, nachdem sämtliche andere Möglichkeiten ausgeschöpft sind. Es müssen vorab „mildere aber gleich geeignete Mittel“ zur Durchsetzung der eigenen Positionen ergriffen worden sein.
Unterschiede: Warnstreik und Abreitskampf
Darüber hinaus muss bei Streiks auch zwischen sog. „Warnstreiks“ und „Arbeitskampf“ unterschieden werden. Dies insbesondere deshalb, da es auf die Vergütung der streikenden Arbeitnehmer Einfluss hat.
Als Warnstreik ist eine zeitlich begrenzte Arbeitsniederlegung durch Arbeitnehmer einer Gewerkschaft anzusehen, die als Druckmittel für Tarifverhandlungen eingesetzt werden kann. Eine solche Arbeitsniederlegung ist nur während der laufenden Verhandlungen möglich. In diesem Zusammenhang muss insbesondere die Verhältnismäßigkeit des Streiks beachtet werden. Warnstreiks sollen nur das letzte Mittel sein, sog. ultima ratio.
Bei einem Warnstreik haben die streikenden Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Lohnzahlung. Es gilt der Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“.
Scheitern die Tarifverhandlungen endgültig, dann kann zum Arbeitskampf, also einem unbefristeten Streik übergegangen werden. Die Gewerkschaften rufen hierzu nach einer vorherigen Urabstimmung ihrer Mitglieder auf.
Auch bei einem Streik in Form des Arbeitskampfes besteht kein Anspruch auf Lohnzahlung. Allerdings erhalten die streikenden Arbeitnehmer von ihrer Gewerkschaft hier eine Zahlung als „Streikunterstützung“. Die Höhe bestimmt sich nach Vorgaben der jeweiligen Gewerkschaft.
Es gibt auch noch den sog. „Solidaritätsstreik“. Bei dieser Form können Gewerkschaften zur Unterstützung bei einem Streik in einem anderen Unternehmen auffordern. Es könnten zum Beispiel Arbeitnehmer aus dem Bereich Service der Bahn, sich den Lokführern anschließen, wobei wiederum die oben benannten Grundsätze (Übermaßverbot und Verhältnismäßigkeit) stets zu beachten sind.
Ausnahmen
Das Streikrecht ist von der grundrechtlich geschützten Vereinigungsfreiheit nach Art. 9 Abs. 3 GG geschützt. Dass heißt Streik ist in allen Branchen möglich. Allerdings sind für die Bereiche Gesundheitssorge, Daseinsfürsorge etc. gewissen Einschränkungen nötig um den Schutz der Bevölkerung sicher zu stellen. So müssen u.a. für Krankenhäuser, Strom- und Wasserbetriebe etc. Notfallpläne aufgestellt werden. Diese Notdienste werden durch die Gewerkschaft festgelegt. Der Arbeitgeber hat insoweit keine Anordnungsbefugnisse
Rechtsfolgen
Wenn und soweit die Gewerkschaft ihre Mitglieder zum Streik rechtmäßig aufgefordert hat, dürfen Arbeitgeber die diesem Aufruf folgenden Arbeitnehmern keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen auferlegen. Insbesondere dürfen keine Abmahnungen wegen streikbedingten Ausfällen ausgesprochen werden.
Streiken Arbeitnehmer hingegen aus eigenem Antrieb, dass heißt ohne Aufruf durch die Gewerkschaft, können Arbeitgeber Abmahnungen aussprechen.
Praxistipp: Auch wenn Arbeitgeber unter Umständen eine Streikankündigung erhalten, so sind die Auswirkungen doch selten vorab zu überschauen. In der Praxis können sich Arbeitgeber für den streikbedingten Personalausfall Zeitarbeitsunternehmen bedienen. Allerdings müssen Zeitarbeitsunternehmen ihre Mitarbeiter wiederum auf den Streik im Entleihbetrieb hinweisen. Diese haben dann die (gesetzliche) Möglichkeit den Einsatz zu verweigern. Ob dies wirklich eintritt ist einzelfallabhängig.
Eine weitere Möglichkeit wäre noch die Stilllegung des gesamten Betriebs. Hierbei würden aber zum einen erhebliche wirtschaftliche Einbußen eintreten und zum anderen auch arbeitswillige und -fähige Arbeitnehmer betroffen sein. Deren Lohn würde insgesamt entfallen und sie würden auch keine „Streikunterstützung“ gezahlt bekommen. Folge: Die bislang arbeitswilligen Arbeitnehmer folgen in der Regel dann den streikenden Kollegen. Dies kann durch den Arbeitgeber nicht gewollt sein.
Zu beachten ist schlussendlich noch, dass die vom Streik betroffenen Arbeitnehmer anderer Unternehmen, auch während solcher Ausnahmesituationen sich an die arbeitsrechtlichen Vorgaben halten müssen. Insbesondere das Wegerisiko verbleibt bei ihnen, sodass sie auch bei streikbedingten Zugausfällen etc. pünktlich zur Arbeit erscheinen müssen. Lesen Sie meinen Blogbeitrag zu diesem Thema hier.
Bei Rückfragen stehe ich
Ihnen gerne zur Verfügung!