Seit dem 01.01.2015 gilt in Deutschland das viel diskutierte MiLoG. Neben dem gesetzlichen Lohnanspruch von nunmehr mind.
8,50 €/ Std. und den Dokumentationspflichten, ist auch die sog. Auftraggeberhaftung in vielen Punkten noch unklar. Betrifft die Haftung nur die „echte“ Generalunternehmerkonstellation auf dem Bau
oder wird jeder Unternehmer erfasst, der Dritte mit Werk- und Dienstleistungen beauftragt? Die weite Haftung würde auch Kfz-Betriebe und Autohäuser erfassen!
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Hintergrund
Gemäß § 13 MiLoG i.V.m. § 14 AEntG muss ein Unternehmer verschuldensunabhängig für die Einhaltung der Vorgaben des MiLoG haften, wenn er Auftragnehmer mit Werk- oder Dienstleistungen einsetzt! Die Arbeitnehmer des Nachunternehmers können den Auftraggeber direkt und unmittelbar auf Zahlung in Anspruch nehmen. Der Unternehmer hat keine Möglichkeit darauf zu verweisen, dass die Arbeitnehmer zuerst ihren Chef (Auftragnehmer) in Anspruch nehmen sollen.
Neben dieser zivilrechtlichen Haftung kann zusätzlich auch eine bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit vorliegen, § 21 MiLoG. Diese ist im Gegensatz zur zivilrechtlichen Haftung verschuldensabhängig, kann aber zum Ausschluss von der öffentlichen Auftragsvergabe führen.
Auftraggeberbegriff
Unklar ist derzeit noch die genaue Reichweite der Haftung! Hierbei gibt es die Möglichkeit des sog. weiten/ echten Auftraggeberbegriffs und des sog. engen Auftraggeberbegriffs. Beim weiten Auftraggeberbegriff würde die Haftung jeden treffen, der eine wie auch immer ausgestaltete Werk- oder Dienstleistung von einem anderen Unternehmer erbringen lässt, und sei es nur die Reinigung des eigenen Büros.
Beim engen/ echten Auftraggeberbegriff würde eine Haftung hingegen nur in Konstellationen von General- und Subunternehmer greifen. Dass heißt nur solche Auftraggeber erfassen, die sich ihrerseits gegenüber einem Kunden verpflichtet haben, eine konkrete Werk- oder Dienstleistung zu erbringen und sich zur Erfüllung dieser Pflicht eines Nachunternehmers bedienen.
Nach Ansicht des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, soll die Auftraggeberhaftung nur in echten Generalunternehmerfällen greifen. Ob Gerichte das ebenfalls so sehen muss abgewartet werden. Bis zu einer abschließenden Klärung geht man auf Nummer sicher, wenn man den weiten Auftraggeberbegriff zu Grunde legt.
Ausschluss
Definitiv nicht von der Auftraggeberhaftung erfasst sind Kauf- und Mietverträge. Dies gilt zum Beispiel für die
Lieferantenverträge, wenn und soweit es um den Einkauf von Ersatz- und Verschleißteilen für Pkw, Material für den Dachstuhl oder um die Farblieferung für Maler- und Lackiererarbeiten
geht. Ebenfalls nicht erfasst sind auch die Verträge über die Anmietung von Anhängern, Baugeräten, Baumaschinen, „Leihwagen“ etc.
Achtung: Es muss davon ausgegangen werden, dass die Gerichte die Begriffe „Werk- und Dienstvertrag“ weit auslegen werden, um etwaigen Umgehungsversuchen vorzubeugen. Es wird anzunehmen sein, dass bei lediglich falscher Bezeichnung und/ oder gemischten Verträgen im Zweifel eine Werk- oder Dienstleistungsvertrag angenommen wird.
Beispiele aus dem Kfz Bereich
Für Kfz-Betriebe und Autohäuser kann eine Auftraggeberhaftung u.a. in folgenden Konstellationen in Betracht kommen, wenn sie die jeweiligen Arbeiten durch Subunternehmer ausführen lassen und ggü. Ihren Kunden aber als eigene Leistung anbieten:
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Fahrzeugreinigung/ -aufbereitung
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Arbeiten an der Karosserie und Lackierungen
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Abschleppdienst
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Hol- und Bringservice für Reparaturen
Maßgeblich sind aber immer die konkreten Umstände des Einzelfalls. Zudem muss der Unternehmer die Leistungen auch als eigene anbieten und durch Dritte ausführen lassen.
So werden zum Beispiel die Durchführung der HU und AU nicht durch Kfz-Betrieb und Autohäuser selbst angeboten, sodass eine Auftraggeberhaftung i.d.R. entfällt. Gleiches gilt grundsätzlich auch für die Erstellung von Sachverständigengutachten oder der Reinigung der eigenen Werkstatt und Büroräume.
Haftungsumfang
Das Gesetz sieht eine verschuldensunabhängige zivilrechtliche Haftung des Unternehmers für die gesamte Nachunternehmerkette vor. Eine zivilrechtliche Haftung für nicht abgeführte Sozialabgaben besteht aber nicht!
Praxistipp: Im Vertrag mit Ihren Subunternehmer sollte die Beauftragung weiterer Subunternehmer ausgeschlossen bzw. unter einen Zustimmungsvorbehalt des Unternehmers gestellt werden. Zwar wird die Haftung dadurch nicht ausgeschlossen. Das Risiko aber minimiert!
Achtung: Die Haftung als solche kann nicht (wirksam) ausgeschlossen werden. Verträge müssen somit sorgfältig ausgestaltet werden!
Handlungsmöglichkeiten
Die zivilrechtliche Haftung kann als solche nicht ausgeschlossen werden. Umso wichtiger ist eine sorgfältige Auswahl des Subunternehmers sowie eine effektive Vertragsgestaltung.
Praxistipp: Zunächst sollte sich der Auftraggeber die Einhaltung der Mindestlohnvorgaben(schriftlich) zusichern lassen. Zwar schließt die Zusicherung die verschuldensunabhängige Haftung nicht aus. Im Hinblick auf die Bußgeldvorschriften bei fehlerhafter Auswahl (§ 21 MiLoG) kann dies aber entlastende Wirkungen haben!
Neben der Zusicherung empfiehlt sich die Aufnahme einer Freistellungsvereinbarung.
Es empfiehlt sich auch gewisse Nachweispflichten und Sanktionsmittel vertraglich zu vereinbaren.
Zum Beispiel:
a) Mindestlohnbescheinigungen monatlich anfordern bzw. automatisch zuschicken lassen
b) Zurückbehaltungsrecht des Unternehmers auf Rechnungen des Subunternehmers, wenn dieser etwaigen Nachweispflichten nicht nachkommt
c) Vereinbarung einer Vertragsstrafe
d) Vorbehalt einer fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund bei Nichteinhaltung der Vorlagepflichten (Tipp: die Nichtvorlage bereits als „wichtigen Grund“ definieren!)
e) Ausschluss/ Zustimmungsvorbehalt für die Beauftragung von weiteren Nachunternehmer.
Ob die jeweiligen Sicherungsmittel insgesamt oder nur vereinzelt durchzusetzen und vertraglich aufzunehmen sind, muss in jedem Einzelfall individuell bewertet werden.
Fazit
Auftraggeber sollten zeitnah ihre Verträge prüfen und ggf. überarbeiten (lassen).Eine Zusicherung und Bescheinigungen von Subunternehmern sollte eingeholt werden. Die zivilrechtliche Auftraggeberhaftung kann zwar nicht wirksam ausgeschlossen werden. Durch effektive Vertragsgestaltung aber minimiert werden. Im Hinblick auf die bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeitenhaftung ist ein Haftungsausschluss durch den Nachweis ordnungsgemäßer Auswahl und Überwachung hingegen möglich.
Die Haftung greift hingegen nicht bei reinen Kaufverträgen, bspw. mit den Lieferanten. Egal welchen Auftraggeberbegriff man zu Grunde legt. Anders kann es wiederum bei Werkverträgen mit Lieferungspflicht sein. Hier ist der Einzelfall maßgeblich.
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