Egal ob Werkverträge mit den Auftraggebern oder Kaufverträge mit den Lieferanten. Oftmals enthalten diese Verträge eine
„Schriftformklausel“. Demnach sollen Änderungen, Ergänzungen oder abweichende Regelungen des ursprünglichen Vertrages nur wirksam sein, wenn sie schriftlich vereinbart wurden! Was gilt
aber im Fall, dass auf der Baustelle nachträglich noch eine mündliche Vereinbarung erfolgt? Geht dann trotzdem die vereinbarte Schriftform vor?
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Was ist passiert?
In einem Fall vor dem OLG München (Az. 9 U 1477/13) stritten die Parteien um die Vergütung für Kanalbauarbeiten. Nachdem die Parteien den Vertrag abgeschlossen hatten, aber noch bevor der Auftragnehmer mit seiner Arbeit begonnen hatte, erkannte der Auftraggeber, dass das Leistungsverzeichnis in Bezug auf notwendige Pumpmaßnahmen unvollständig war. Darauf hin veranlasste er eine Baubesprechung. Im Rahmen dieser Besprechung wurde (mündlich) vereinbart, dass die nachträglich erkannten und erforderlichen Pumpmaßnahmen für 24 Stunden zu vergüten sind. Aufgrund dieser Vereinbarung bekam der Auftragnehmer neuen Abschlagsrechnungen bezahlt, wobei insgesamt 10 Monate lang die Pumpmaßnahmen erforderlich waren.
Nach Erteilung der Schlussrechnung kam es zum Streit über die Vergütung.
Der Auftraggeber vertritt den Standpunkt, dass die im ursprünglichen Vertrag für die Abrechnung vereinbarte Schriftform gelte und
folglich keine andere Abrechnungsform akzeptiert werden könne. Die mündliche Absprache bei der Baubesprechung gelte nicht.
Die Entscheidung
Das OLG München (Az. 9 U 1477/13) widersprach dieser Ansicht. Zur Begründung führte das Gericht an, dass der Auftraggeber durch
die mündliche Baubesprechung zugleich von der Einhaltung der Schriftform abgesehen hat. Der Auftraggeber hat sich hierbei konkludent mit einer pauschalierten Vergütungsregelung einverstanden
erklärt, die insoweit keiner Schriftform bedarf. Insbesondere sei der Zahlung der neun Abschlagszahlung auch ein entsprechender Verzicht auf die Schriftform zu entnehmen. Die nachträgliche
Berufung auf das Formerfordernis stellt einen Verstoß gegen das gebot von Treu und Glauben dar!
Fazit
Nach diesem Urteil können auch mündliche Individualabrede und andere konkludente Handlungen ausreichen, um eine Vertragsänderung herbeizuführen. Dies gilt namentlich dann, wenn durch die mündliche Vereinbarung auch vom Schriftformerfordernis als solchem abgewichen wird. Voraussetzung ist, dass der Erklärende/ Handelnde (irgendwie) objektiv zum Ausdruck bringt, dass er auf die Schriftform verzichte.
ACHTUNG: Aus Beweisgründen ist, trotz dieser unternehmerfreundlichen Entscheidung dringend zu empfehlen, Abweichungen, Ergänzungen und Änderungen vom ursprünglichen Vertrag stets schriftlich zu vereinbaren!
Bei Rückfragen stehe
ich Ihnen gerne zur Verfügung!