Unfallfreiheit und Arglist des Verkäufers

Beim Autokauf kommt es immer wieder zu Streit, wenn es um die Angabe der „Unfallfreiheit“ geht. Stellt sich später heraus, dass das Kfz gleichwohl einen Unfall erlitten hatte, stellt sich die Frage nach den rechtlichen Konsequenzen. Wie ist die Angabe des Verkäufers zu werten: Beschaffenheit – Garantie – Wissensmitteilung? Ist eine Anfechtung des Vertrages möglich oder ist der Mangel so gering, dass es „nur“ zur Minderung berechtigt?

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Was ist passiert?

Ein Kfz-Händler bot im Internet einen Gebrauchtwagen (Opel Tigra) zum Preis von 2.800,00 € zum Kauf an. In der Anzeige wurde das Auto als „unfallfrei“ beschrieben. Im späteren Kaufvertrag wurde dann unter der Rubrik „Ausstattung“ aufgenommen, dass die „Seitenwand hinten links nachlackiert“ wurde. Die Gewährleistung wurde auf 1 Jahr beschränkt.

Nach über einem Jahr führte der Käufer den Pkw beim TÜV vor, der ihm mitteilte, dass hinten links ein erheblicher Unfallschaden vorliege.

Der Käufer klagte gegen den Verkäufer auf Rückzahlung  des Kaufpreises wegen arglistigem Verschweigen, da der Mangel (Unfallschaden) bereits bei Übergabe des Kfz vorgelegen habe, der Verkäufer aber gleichwohl behauptet habe, dass alles eingetragen und in Ordnung sei.

Der beklagte Autoverkäufer berief sich auf die Einrede der Verjährung, da die einjährige Gewährleistungsfrist abgelaufen sei. Die Angaben aus der Internetanzeige stehen der Verjährung nicht entgegen, da dort ausdrücklich Irrtümer, Eingabefehler und Zwischenverkäufe vorbehalten wurden. Darüber hinaus wurde im späteren Vertrag auch bei der Ausstattung auf die Nachlackierung hingewiesen.


Die Entscheidung

Das LG Heidelberg (Az. 1 S 22/13) verurteilte den Verkäufer auf Rückzahlung. Der Pkw hatte zur Zeit der Übergabe einen Mangel in Form eines Unfallschadens. Zwar sei die Gewährleistung wirksam auf ein Jahr reduziert worden (vgl. §§ 475 ff. BGB) Allerdings ist bei arglistigem Verhalten die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren ab Kenntnis maßgeblich.

Arglist erfordert nicht, dass der Verkäufer zielgerichtet oder in verwerflicher Gesinnung gehandelt hat. Es reicht bereits aus, dass der Verkäufer Angaben „ins Blaue hinein“ macht, die sich später als unwahr erweisen. Vorliegend hatte der Verkäufer den Wagen ausdrücklich als „unfallfrei“ beschrieben. Selbst wenn diese Angabe „versehentlich“ in der Internetanzeige veröffentlicht wurde, weil diese Form der Angebote besonders fehleranfällig seien, so schließt dass eine Angabe „ins Blaue hinein“ nicht aus. Gerade wenn der Verkäufer wisse, dass im Internet oftmals Fehler bei der Werbung auftreten, müsse er diese genau prüfen. Macht er das nicht, so ist von Arglist auszugehen. Der Käufer geht dann aber aufgrund dieser Anzeige regelmäßig mit den darin gemachten Angaben in die Vertragsverhandlung. Hier also mit der Unfallfreiheit des Wagens. Hieran ändert auch der Hinweis auf Nachlackierungen nichts. Im Gegenteil. Durch die zuvor hervorgerufene Fehlvorstellung der Unfallfreiheit, sehe der Käufer hierin nur eine Information auf Bagatellschäden. Nicht aber auf einen schwerwiegenden Unfallschaden.


Fazit

Unternehmer und Verkäufer von gebrauchten Waren, insbesondere von gebrauchten Kfz können die Gewährleistung auf ein Jahr beschränken. Bei arglistigem Verhalten gilt allerdings die regelmäßige Verjährungsfrist von 3 Jahren ab Kenntnis des Käufers. Für arglistiges Verhalten genügen Angaben „ins Blaue hinein“ wenn der Verkäufer pflichtwidrig keine Prüfung der Angaben vorgenommen hat. Ob Arglist vorliegt ist anhand der gesamten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Hierbei müssen auch Inserate im Internet, in Zeitungsannoncen und sonstigen Werbeanzeigen beachtet werden. Wenn hiervon später abgewichen werden soll, muss das ausdrücklich im Kaufvertrag vereinbart werden. Ein Vorbehalt für „Druckfehler“ o.Ä. genügt allein nicht.

Hingegen ist der Hinweis „unfallfrei laut Vorbesitzer“ eine reine Wissensmitteilung, die ein arglistiges Verhalten des Verkäufers, in der Regel nicht begründen kann.


Bei Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung!