Mängel bei Verstoß gegen DIN-Normen?

Kann eine Leistung auch bei Verstößen oder Missachtung von DIN-Normen als mangelfrei angesehen werden? Oder lösen derartige Verstöße automatisch auch die Gewährleistungsrechte des Kunden aus?

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Hintergrund

Bei diversen Bauvorhaben, Installations- und Wartungsarbeiten sowie auch bei Arbeiten mit bzw. unter Verwendung von bestimmten Geräten und Maschinen müssen gewisse Regeln beachtet werden. Die gerade im Bau- und Elektrohandwerk bekannten und allgemein anerkannten Regeln der Technik werden jedoch nicht allein durch DIN-Normen festgelegt. Vielmehr handelt es sich bei DIN-Normen um private Regelungen, die einen gewissen „Empfehlungscharakter“ haben. Die jeweiligen DIN-Normen gehen nicht selten über die anerkannten Regeln der Technik hinaus bzw. bleiben zum Teil auch dahinter zurück. Selbst wenn eine Leistung von den DIN-Normen abweicht, kann diese gleichwohl noch den allgemein anerkannten Regeln entsprechen!

Wie wirkt sich das aber auf die Gewährleistungsrechte im Bereich des Werkvertragsrechts aus?


Was ist passiert?

In einem Fall vor dem OLG Celle (Az. 14 U 52/11) hatte ein Auftraggeber das in Auftrag gegebene Wärmedämmverbundsystem bemängelt. Er forderte von dem Auftragnehmer Ersatz für die Mängelbeseitigungskosten. Zwischen beiden Parteien war unstreitig, dass der Auftragnehmer einen systemfremden Oberputz benutzt hatte, der nicht den einschlägigen DIN-Normen entsprach. Der Auftraggeber war der Ansicht, dass allein die Missachtung der DIN-Norm zur Mangelhaftigkeit führt.


Die Entscheidung

Das OLG Celle wies die auf Kostenerstattung gerichtete Klage allerdings ab. Ein Mangel des Wäredämmverbundsystems liegt nicht vor. Die Dämmung entspricht der üblichen und vorausgesetzten Beschaffenheit im Sinne des § 633 BGB, da insbesondere die Gebrauchstauglichkeit des Gebäudes nicht beeinträchtigt sei.

Die Missachtung der DIN-Norm änderte an der Einschätzung ebenfalls nichts. Die anerkannten Regeln der Technik werden nicht allein durch DIN-Normen bestimmt. Vielmehr handelt es sich hierbei nur um private Regelungen mit einem gewissen Empfehlungscharakter. Diese Empfehlung ist nicht zwingend auch identisch mit den anerkannten Regeln der Technik.

Wirkt sich die Abweichung von der DIN nicht auf das Bauwerk weiter aus, dann liegt auch kein Mangel der Werkes vor. Folglich bestehen dann auch keine Gewährleistungsrechte des Auftraggebers.

In dem vom OLG Celle entschiedenen Fall hatte ein Sachverständiger überzeugend bestätigt, dass der verwendete Oberputz eines anderen als in der DIN vorgesehenen Systemherstellers keinerlei bautechnische Nachteile mit sich bringe. Es bestehe kein erhöhtes Schadensrisiko!

Allerdings stellte das Gericht gleichzeitig klar, dass die objektive Gebrauchstauglichkeit des Werkes nicht automatisch auch die Mangelfreiheit begründet. Den Vertragsparteien steht es vielmehr offen, höhere Anforderungen vertraglich besonders zu vereinbaren. Dies war vorliegend aber nicht der Fall – hier war vertraglich nur eine Wärmedämmung geschuldet und gerade kein bestimmtes Verbundsystem. Auch die Einhaltung einer bestimmten DIN- Norm war nicht Vertragsgegenstand.


Fazit

Bestehen keine besonderen vertraglichen Vereinbarungen, kommt es für die Mangelfreiheit maßgeblich auf die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik an. Diese sind nicht zwingend mit DIN-Normen identisch. Deshalb führt ein Verstoß gegen DIN-Normen nicht automatisch auch zu einer Gewährleistungshaftung. Das gilt zumindest dann, wenn keine Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit mit der Abweichung einhergeht.


ACHTUNG! Umgekehrt führt dies aber auch dazu, dass die Einhaltung einer DIN-Norm nicht auch automatisch die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik begründet und somit einen Mangel ausschließen würden!


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