Nicht nur zum Ende eines jeden Jahres kommt es immer wieder zum Streit wegen verjährten Ansprüchen. Sobald sich der
Anspruchsgegner auf die Einrede der Verjährung beruft, ist der eigene Anspruch nicht mehr durchsetzbar. Welche Fristen konkret gelten, ist von vielen Faktoren abhängig. Handelt es sich um ein
Kauf- oder Werkvertrag? Was ist Vertragsgegenstand? Handelte der Vertragspartner arglistig oder ist ein Schaden durch unerlaubte Handlung entstanden?
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Die Regelverjährung
Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt nach dem BGB 3 Jahre und beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den, den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen (§§ 195,199 BGB). Der Zeitpunkt des Vertragsschluss ist für den Beginn unbeachtlich. Die regelmäßige Verjährungsfrist greift immer dann ein, wenn im Gesetz keine abweichende Frist bestimmt ist.
Hierbei spielt es auch keine Rolle, worauf sich der Anspruch stützt, ob es sich also um Zahlungs- oder Schadensersatzansprüche oder um Herausgabeansprüche etc. handelt.
Daneben gibt es absolute Verjährungsfristen, die unabhängig von der Kenntnis des Gläubigers laufen. Bei Schadensersatzansprüchen wegen Verletzung hochrangiger Rechtsgüter (Freiheit, Körper, Gesundheit, Leben) gilt eine Höchstfrist von 30 Jahren, die zum Zeitpunkt der Verletzungshandlung beginnt. Bei anderen Rechtsgüter und sonstigen Ansprüchen, beträgt die Frist 10 Jahre ab dem Zeitpunkt der Verletzung.
Zudem kann der Beginn auch auf den Zeitpunkt der Fälligkeit des Anspruchs fallen. Dies gilt u.a. für Herausgabeansprüche aus Eigentum und anderen dinglichen Rechten, familien- und erbrechtliche Ansprüche, rechtskräftig festgestellte Ansprüche etc. Die Höchstfrist von 30 Jahren beginnt in diesen Fällen jeweils ab Fälligkeit des Anspruchs und ist kenntnisunabhängig.
Beispiele für die regelmäßige kenntnisabhängige 3-jährige Frist sind:
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vertragliche Zahlungsansprüche von Handwerksbetrieben, Händlern und sonstigen Unternehmern wegen Lieferung oder Leistung
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Lohnansprüche von Azubis, Arbeitnehmern und Gesellen
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vertragliche Erfüllungsansprüche
Praxisbeispiel
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Ein Handwerker stellt seinem Kunden eine Rechnung zum 16.02.2012. Der Kunde zahlt nicht. → Die Verjährung beginnt mit Ablauf des 31.12.2012 und ist somit ab dem 01.01.2016 verjährt. Für Ansprüche aus 2011 trat somit ab 01.01.2015 Verjährung ein.
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Bei einem Autounfall am 23.03.2012 erlitt der Geschädigte Sach- und Körperschäden. Der Unfallverursacher beging Fahrerflucht und wurde erst am 05.01.2013 ermittelt. → Da die Kenntnis vom Schädiger/ Schuldner erst 2013 vorlag, beginnt die Frist mit Ablauf des 31.12.2013 und endet am 31.12.2016.
ACHTUNG: Beim Erreichen der Höchstfrist, gilt die Regelverjährung nicht. Ist zum Beispiel die maximale Frist von 10 oder 30 Jahren erreicht, kommt es auf die Kenntnis des Gläubigers nicht mehr an. Die 3-jährige Frist kann nicht über die Höchstfrist hinaus geltend gemacht werden!
Wird der Unfallverursacher erst nach 20 Jahren ermittelt, sind die Ansprüche auf Schadensersatz für Sachschäden nach der Höchstfrist von 10 Jahren verjährt. Körperschäden hingegen könne noch weiterhin geltend gemacht werden.
Verjährung im Besonderen
Die regelmäßige Verjährung greift wie gesagt nur dann ein, wenn gesetzlich keine anderen Bestimmungen vorgesehen sind. Solche besonderen Regelungen bestehen u.a. für Kauf- und Werkverträge. Hierbei muss insbesondere darauf geachtete werden, in welchen Positionen sich die Vertragspartner gegenüber stehen (B2B/ B2C) und ob es sich um neue oder gebrauchte Ware handelt.
Fristen bei Kaufverträgen
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gesetzliche Gewährleistungsfrist |
Änderung durch AGB |
Individuelle Änderung |
Verkauf neuer Ware an Verbraucher |
2 Jahre |
nicht möglich |
nicht möglich |
Verkauf gebrauchter Ware an Verbraucher |
2 Jahre |
Ja, aber Verkürzung nur auf max. 1 Jahr |
Ja, aber Verkürzung nur auf max. 1 Jahr |
Verkauf neuer Ware an Unternehmer |
2 Jahre |
Ja, aber Verkürzung nur auf max. 1 Jahr |
Ja, bis auf 0 Jahre (kompletter Ausschluss möglich) |
Verkauf gebrauchter Ware an Unternehmer |
2 Jahre |
Ja, bis auf 0 Jahre (kompletter Ausschluss möglich) |
Ja, bis auf 0 Jahre (kompletter Ausschluss möglich) |
Fristen beim Kauf von Bauteilen
Beim Kauf eines bebauten Grundstücks, greift eine 5-jährige Verjährungsfrist. Gleiches gilt auch beim Kauf eines Bauteils, wenn
dieses in ein Gebäude eingebaut werden soll.
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gesetzliche Gewährleistungsfrist |
Änderung durch AGB |
Individuelle Änderung |
Verkauf neuer Bauteile an Verbraucher |
5 Jahre |
Nicht möglich |
Ja, aber Verkürzung nur auf max. 2 Jahre |
Verkauf gebrauchter Bauteile an Verbraucher |
5 Jahre |
Ja, aber Verkürzung nur auf max. 1 Jahr |
Ja, aber Verkürzung nur auf max. 1 Jahr |
Verkauf neuer Bauteile an Unternehmer |
5 Jahre |
noch keine abschließende Klärung |
Ja, bis auf 0 Jahre (kompletter Ausschluss möglich) |
Verkauf gebrauchter Bauteile an Unternehmer |
5 Jahre |
Ja, bis auf 0 Jahre (kompletter Ausschluss möglich) |
Ja, bis auf 0 Jahre (kompletter Ausschluss möglich) |
Bei Rückfragen stehe ich
Ihnen gerne zur Verfügung.