Zurückbehaltungsrechte bei Mängeln

Die Hauptpflichten bei Werkverträgen sind eine mangelfreie Leistung und die entsprechende Zahlung des Werklohns durch den Vertragspartner. Für den Fall etwaiger Mängel der Leistung stellt sich aber oftmals die Frage: Kann ein Auftragnehmer gegenüber seinem Auftraggeber Mängelbeseitigung verweigern, wenn dieser die Rechnung nicht bezahlt hat? Welche Konstellationen sind denkbar und was muss dabei jeweils beachtet werden?

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Hintergrund
Die Hauptpflicht des Auftragnehmers aus einem Werkvertrag, ist die Herstellung eines mangelfreien Werks. Bei Mängeln kann der Auftraggeber den doppelten Betrag der Kosten zurückzubehalten, der für die Beseitigung erforderlich ist. Im Übrigen (also bezüglich der mangelfreien Leistung) kann der Auftragnehmer seine Vergütung vom Auftraggeber verlangen.


Was ist nun für den Fall, dass der Auftraggeber die fällige Forderung nicht bezahlt? Kann der Auftragnehmer die Nacherfüllung solange verweigern bis der Auftraggeber zahlt?

Grundsätzlich: Nein! Der Auftragnehmer darf die Mängelbeseitigung nicht verweigern, weil der Auftraggeber die Vergütung nicht zahlt. Er kann lediglich Sicherheitsleistung gemäß § 648a BGB verlangen und, wenn der Besteller keine Sicherheit leistet, bis zur Sicherheitsleistung die Mängelbeseitigung verweigern. Daneben kann der Auftragnehmer bis zur Stellung der Sicherheit auch weitere Leistungen aus dem Vertrag verweigern (die keine Mängelbeseitigung sind) und er kann den Vertrag unter Umständen auch kündigen.

Und umgekehrt? Kann der Auftraggeber die Bezahlung aus einem anderen Vertrag mit dem Auftragnehmer verweigern, bis der Auftragnehmer etwaige Mängel beseitigt hat?


Grundsätzlich gilt auch hier: Nein! Wie die Entscheidung des OLG Düsseldorf zeigt!


Was ist passiert?
Der Auftraggeber (Bauträger) hat den Auftragnehmer für verschiedene Vorhaben mit Werkleistungen beauftragt. Der Auftragnehmer verlangt nach Beendigung seiner Arbeiten die Vergütung für das Vorhaben A. Die Bezahlung verweigert der Auftraggeber mit der Begründung, dass ihm aus dem Vorhaben B Gewährleistungsrecht zustehen. Bis der Auftragnehmer diese erbracht hat, bezahlt er auch das Vorhaben A nicht.


Die Entscheidung

Das OLG Düsseldorf  ( Az. 22 U 99/04) gab dem Auftragnehmer Recht und verurteilte den Auftraggeber zur Zahlung der Vergütung für das Vorhaben A. Der Auftraggeber könne die Vergütung nicht verweigern. Ein Zurückbehaltungsrecht stehe ihm nicht zu. Insbesondere auch nicht aus etwaigen Ansprüchen aus dem Vorhaben B. Beide Verträge sind nicht derart miteinander verbunden, dass ihnen ein natürlicher und innerlicher Zusammenhang zugesprochen werden könne, der für ein Zurückbehaltungsrecht aber erforderlich wäre. Daran ändert auch die Mehrfachbeauftragung nichts. Es handelte sich hier um verschiedene und jeweils gesondert zu bewertende Verträge, die unabhängig voneinander existieren.


Fazit
Bei Ansprüchen aus verschiedenen Vertragsverhältnissen kann grundsätzlich kein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht werden. Dies gilt für Auftragnehmer und Auftraggeber gleichermaßen. Nur bei wechselseitigen Ansprüche aus dem gleichen Vertrag kann ein Zurückbehaltungsrecht bzw. Leistungsverweigerungsrecht geltend gemacht werden. Hierbei ist es irrelevant, ob der Vertragspartner Unternehmer oder Verbraucher ist!


Besonderheit: Das kaufmännische Zurückbehaltungsrecht gemäß § 369 HGB

Im Bereich zwischen Unternehmen gibt es noch die Besonderheit des sog. kaufmännischen Zurückbehaltungsrechtes. Hiernach kann der Unternehmer wegen fälliger Forderungen (auch aus anderen Verträgen) gegenüber einem anderen Unternehmer, ein Zurückbehaltungsrecht an beweglichen Sachen geltend machen, die der Vertragspartner im überlassen hat, bis die fälligen Forderungen bezahlt sind!


Beispiel: Unternehmer A bringt seinen Firmenwagen in die Werkstatt von Unternehmer B. Aus vorherigen Verträgen (gleich welcher Art) hat B noch offenen und fällige Forderungen gegen A.
B kann gemäß § 369 HGB den Firmenwagen solange zurückbehalten bis A sämtliche Forderungen bezahlt hat. Unter Umständen kann B den Pkw sogar verwerten lassen, um sich den Erlös auszahlen zu lassen.

Achtung: Dies gilt zwar für Ansprüche auch aus verschiedenen Verträgen. Jedoch nur in Bezug auf körperliche Gegenstände die mit Wissen und Willen des Vertragspartner in den eigenen Besitz gelangt sind. Bei reinen Leistungsverhältnissen greift die Regelung nicht!


Bei Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung!