Zugang einer Kündigung auch bei Abwesenheit?

Der Zugang einer Kündigung ist zur Fristwahrung von ausschlaggebender Bedeutung. Wann geht eine Kündigung dem Arbeitnehmer aber rechtlich zu? Und wie wirkt sich eine (längerfristige) Abwesenheit des Arbeitnehmers von seiner Wohnung auf den Zugang aus?

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Einem Arbeitnehmer, der sich (längerfristig) nicht in seiner Wohnung befindet, geht ein Kündigungsschreiben grundsätzlich mit dem Einwurf in den Hausbriefkasten zu. Als Empfänger trifft den Arbeitnehmer die Obliegenheit besondere Vorkehrungen zu treffen, um eine tatsächliche Kenntnisnahme zu ermöglichen.


Was ist passiert?

Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (Az. 6 Sa 297/ 13) musste über den Zugang und der damit einhergehenden Wirksamkeit einer (außerordentlichen) Kündigung entscheiden.
Der Kläger war Arbeitnehmer der beklagten Arbeitgeberin. Gegen ihn wurde zur Abnahme der eidesstattlichen Versicherung Haft angeordnet, woraufhin sich der Kläger für die Zeit vom 28.09.2012 bis 27.03.2013 in der JVA befand. Da er aufgrund dessen nicht zur Arbeit erschien, mahnte die Beklagte ihn zunächst ab und kündigte ihm sodann fristlos. Die Kündigung lies die Beklagte am 11.10.2012 in den Wohnungsbriefkasten des Klägers einwerfen. Die Kündigungsschutzklage ging am 03.04.2013 beim Arbeitsgericht ein.


Die Entscheidung

Das LAG wies die Klage zurück, da sie nicht binnen der 3-Wochfrist erhoben worden ist. Die Dreiwochenfrist beginne mit dem Zugang der Kündigung. Dies sei hier mit dem Einwurf in den Hausbriefkasten am 11.10.2012 erfolgt. Eine Kündigung unter Abwesenden gelte als zugegangen, wenn sie in verkehrsüblicher Weise in den tatsächlichen Machtbereich des Empfängers gelange, sodass dieser unter gewöhnlichen Umständen Kenntnis hiervon nehmen könne. Hierbei ist eine objektive Sicht maßgeblich. Ob der Empfänger im konkreten Fall individuell in der Lage war Kenntnis zu erlangen ist unbeachtlich. Folglich gehe dem Empfänger eine Erklärung auch dann zu, wenn dieser durch Krankheit, Urlaub, Haft oder aus sonstigen Gründen tatsächlich nicht in der Lage war Kenntnis von dem Schreiben zu nehmen. Dies gelte auch dann, wenn der Absender (Arbeitgeber) Kenntnis von der Abwesenheit hat. Allein den Empfänger trifft die Obliegenheit Vorkehrungen für eine Kenntnisnahme zu treffen.


Fazit

Der Absender/ Arbeitgeber muss für den Zugang eines Schreibens beim Adressaten sorgen. Hat er die Erklärung auf den Weg gebracht, so gilt sie als zugegangen, wenn und soweit mit der Kenntnisnahme unter normalen Umständen gerechnet werden kann. Die Abwesenheit des Adressaten liegt nicht im Risikobereich des Absenders.

Zu beachten ist jedoch, dass hier nicht der Zugang und der Inhalt des Schreibens als solches in Frage gestellt wurde. Es ging nur um den Zeitpunkt des Zugangs!
Ob und mit welchem Inhalt ein Schreiben abgesendet/ verschickt wurde, muss im Streitfall durch den Absender (Arbeitgeber) dargelegt und ggf. auch bewiesen werden!


Bei Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung!